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Kein Einsichtsrecht des örtlichen Betriebsrates in unternehmensweite Bruttoentgeltlisten

Das BAG hat mit Beschluss vom 26.09.2017 – 1 ABR 27/17 entschieden, dass das Einsichtsrecht eines Betriebsrats in Bruttoentgeltlisten nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG die Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung voraussetzt. Für die Wahrung der unternehmenseinheitlichen Lohngerechtigkeit in Ausübung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ist jedoch nicht der örtliche Betriebsrat, sondern der Gesamtbetriebsrat zuständig.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über das Einsichtsrecht eines Betriebsrats in unternehmensbezogene Entgeltlisten.

Die Arbeitgeberin betreibt ein Verkehrsunternehmen mit insgesamt vier Betrieben. In jedem Betrieb ist ein Betriebsrat gebildet. Darüber hinaus besteht ein Gesamtbetriebsrat.

Der Betriebsrat eines dieser Betriebe verlangte Einsicht in Listen über die Bruttolöhne und -gehälter sämtlicher Arbeitnehmer des Unternehmens um nachvollziehen zu können, ob die Arbeitgeberin den unternehmenseinheitlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beachte und die von ihm repräsentierte Belegschaft nicht benachteilige. Die Arbeitgeberin erklärte sich lediglich bereit, Einsichtnahme in eine betriebsbezogene Bruttoentgeltliste zu gewähren.

Der Betriebsrat legte daraufhin Beschwerde ein und beantragte die unternehmensweite Einsichtnahme.

Der Betriebsrat hatte in der ersten und zweiten Instanz Erfolg. Das BAG wies hingegen auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin den Antrag ab.

Entscheidungsgründe

Nach Auffassung des BAG sei die Arbeitgeberin nicht verpflichtet, dem Betriebsrat Einblick in eine unternehmensweite Liste über Bruttolöhne und -gehälter von Arbeitnehmern zu gewähren, die nicht dem von ihm repräsentierten Betrieb angehören.

Aufgabe des Betriebsrats sei es zwar, auf die Herstellung innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit hinzuwirken, jedoch betreffe der unternehmensbezogene Gleichbehandlungsgrundsatz nicht die innerbetriebliche, sondern die überbetriebliche Lohngerechtigkeit und deren Gestaltung, für die ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG an den vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten finanziellen Mitteln dem Gesamtbetriebsrat und nicht den örtlichen Betriebsräten zustehe.

Auch das vom Betriebsrat geltend gemachte Überwachungsrecht könne den von § 80 Abs. 2 BetrVG verlangten Aufgabenbezug nicht begründen, da das bloße Ermitteln einer Rechtsgrundlage für mögliche Entgeltklagen einzelner Arbeitnehmer „ins Blaue hinein“ nicht Teil der Überwachungsbefugnisse nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sei.

Hinweise für die Praxis

Hintergrund der Entscheidung ist die Vorschrift des § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG, wonach dem Betriebsrat auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen sind. In diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Das Einsichtsrecht setzt aber voraus, dass es zur Durchführung einer Aufgabe des Betriebsrats erforderlich ist.

Das BAG hat mit seinem Beschluss vom 26.09.2017 einem unternehmensweiten Einsichtsrecht des Betriebsrates nunmehr Grenzen gesetzt. Denn Mitbestimmungs- und Überwachungsrechte des Betriebsrates sind auf den Betrieb beschränkt, für den er errichtet wurde. Das bedeutet, dass Arbeitgeber nicht Einsicht in die Bruttoentgeltlisten aller im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer gewähren müssen, sondern nur in betriebsbezogene Bruttoentgeltlisten. Auch wird nochmals deutlich, dass klar zwischen der Zuständigkeit von örtlichen Betriebsräten und Gesamtbetriebsrat zu trennen ist.

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