Stefan Daub, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kein Betriebsübergang i.S.v. § 613a Abs. 1 BGB bei fehlendem Wechsel in der für den Betrieb der wirtschaftlichen Einheit verantwortlichen Person

Die Parteien haben darüber gestritten, ob das ursprünglich zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis – wie der beklagte Arbeitnehmer (Beklagter) meinte – über den 31.03.2011 hinaus fortbestanden hat oder – wie die klagende Arbeitgeberin (Klägerin) meinte – in Folge eines Betriebsübergangs am 31.03.2011 auf eine neu gegründete Gesellschaft (kurz: Gesellschaft) übergegangen ist.

Sachverhalt

Der Beklagte war bereits seit dem Jahr 1976 im Betrieb der Klägerin in Berlin als Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin unterhielt weitere Betriebe in Oberstenfeld und Niederorschel.

Im März 2011 schlossen die Klägerin und die Gesellschaft eine „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung“ ab, wonach die Gesellschaft ab dem 01.04.2011 die komplette Produktion der Klägerin an allen 3 Standorten in Lohnfertigung mit den dort tätigen Arbeitnehmern weiterführen und für die Klägerin die Betriebsführung des gesamten Geschäftsbetriebs an allen Standorten übernehmen sollte. Darüber hinaus wurde u.a. vereinbart, dass die Gesellschaft, sofern die Betriebsführung im Zusammenhang mit der Lohnfertigung und der Produktion ausgeführt wird, ausschließlich für Rechnung und im Namen der Klägerin tätig wird. Insoweit erteilte die Klägerin der Gesellschaft Generalhandlungsvollmacht. Die Klägerin und die Gesellschaft sind ab dem 01.04.2011 entsprechend der Vereinbarung verfahren.

Zuvor hatten die Klägerin und die Gesellschaft die Arbeitnehmer und auch den Beklagten darüber unterrichtet, dass ihre Arbeitsverhältnisse mit Ablauf des 31.03.2011 in Folge eines Betriebsübergangs auf die Gesellschaft übergehen würden.

Mit Schreiben von Ende März 2014 kündigte die Gesellschaft auch das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten wegen Stilllegung des Berliner Betriebs. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Beklagten gegen die Gesellschaft wurde rechtskräftig abgewiesen. Mit Schreiben vom 08.06.2015 forderte der Beklagte nunmehr die Klägerin auf anzuerkennen, dass zwischen ihnen über den 31.03.2011 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.

Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 31.03.2011 hinaus ein Arbeitsverhältnis nicht bestanden hat und nicht besteht. Das Arbeitsgericht hatte der Klage noch stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie indes abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe

Nach Ansicht des BAG ist das Arbeitsverhältnis des Beklagten nicht im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von der Klägerin auf die Gesellschaft übergegangen. Ein Betriebsübergang setzt voraus, dass die für den Betrieb des Unternehmens verantwortliche natürliche oder juristische Person, die insoweit die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht, im Rahmen vertraglicher Beziehungen wechselt. Diese Voraussetzung war nach der Entscheidung des BAG nicht erfüllt, da die Klägerin ihre Verantwortung für den Betrieb des Unternehmens nicht an die Gesellschaft abgegeben hatte. Ein Betriebsübergang lag damit nicht vor.

Dem Beklagten war es in der vorliegenden Konstellation nach Ansicht des BAG auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin zu berufen.

Auch der Umstand, dass die Kündigungsschutzklage des Beklagten gegen die Gesellschaft rechtskräftig abgewiesen worden war, war für das Gericht im Ergebnis ohne Belang.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung des BAG ist für die gestaltende Praxis und die hiervon betroffenen Arbeitnehmer wichtig. Bereits das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, dessen Urteil vom 11.05.2016 (15 Sa 108/16) das BAG nun bestätigt hat, hatte den zwischen dem Arbeitgeber und dem neuen Unternehmen geschlossenen Vertrag als sog. echten Betriebsführungsvertrag angesehen, bei dem der Betriebsführer im fremden Namen der Besitz- oder Eigentümergesellschaft agiert. Beim unechten Betriebsführungsvertrag handelt der Betriebsführer hingegen regelmäßig im eigenen Namen, er wird also nach außen selbst rechtsgeschäftlich berechtigt oder verpflichtet, obwohl er nach innen immer noch für Rechnung des Eigentümerunternehmens tätig wird.

Ein echter Betriebsführungsvertrag wie im entschiedenen Fall stellt nach der Entscheidung des BAG keine Möglichkeit dar, das Unternehmen in eine besitzende und eine betreibende Einheit aufzuteilen mit der Folge, dass auch Arbeitsverhältnisse hierdurch im Wege eine Betriebsübergangs übertragen werden können. Ob dies durch die Vereinbarung einer unechten Betriebsführung nach der Entscheidung des BAG erreicht werden kann, kann besser beurteilt werden, wenn die Entscheidung des BAG im Volltext vorliegt, derzeit liegt nur eine Pressemitteilung vor.

Kontakt > mehr