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Gleichbehandlungsgrundsatz bei Betriebsrente

Das BAG hat mit Urteil vom 14.11.2017 (Az. 3 AZR 515/16) entschieden, dass der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt ist, wenn der Arbeitgeber freiwillig eine Betriebsrente zahlt, bei deren Berechnung er auch Beschäftigungszeiten zugrunde legt, auf deren Berücksichtigung nach seiner Auffassung kein Rechtsanspruch besteht, diese Begünstigung stichtagsbezogen jedoch nur den Versorgungsempfängern, nicht aber den Versorgungsanwärtern gewährt.

Sachverhalt

Die Parteien streiten um die Höhe des Anspruchs der Klägerin auf Betriebsrente, der davon abhängt, ob bei der Berechnung der Betriebsrente Beschäftigungszeiten vom 01.01.1995 bis zum 31.07.2012 zu berücksichtigen sind. Die Klägerin war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der W, von 1968 bis zum 31.07.2012 beschäftigt. Bei W bestand eine Betriebsvereinbarung über die betriebliche Altersversorgung, welche mit Wirkung zum 31.12.1994 gekündigt wurde. In der Annahme hierzu verpflichtet zu sein, gewährte W, ebenso wie zunächst nachfolgend die Beklagte, auch nach dem 31.12.1994 ausgeschiedenen Mitarbeitern bei Vollendung des 65 Lebensjahres eine Betriebsrente, wobei eine anrechenbare Dienstzeit bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zugrunde gelegt wurde.

Im September 2010 übertrug die W der Beklagten mehrere Teilbetriebe. Anlässlich der Übertragung fiel auf, dass die Mitarbeiter, die Ende 1994 noch keine Betriebsrente bezogen, nur noch Anspruch auf eine quotierte Betriebsrente hätten. Die Beklagte entschied daraufhin zum Jahreswechsel 2010/2011 den ehemaligen Mitarbeitern, die bereits eine Betriebsrente erhielten, diese in voller Höhe weiter zu gewähren. Den übrigen Betriebsrentenanwärtern, die nach dem 31.01.2011 eine Rente nach der Betriebsvereinbarung in Anspruch nehmen, sollte diese nur noch unter Zugrundelegung der bis zum 31.12.1994 erbrachten Dienstzeit gewährt werden.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte sei aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, bei der Berechnung der Betriebsrente auch ihre vom 01.01.1995 bis zum 31.07.2012 zurückgelegten Dienstzeiten zu berücksichtigen und entsprechend höhere Betriebsrentenzahlungen eingeklagt. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt die Klägerin ihre Zahlungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz habe im Bereich des Betriebsrentenrechts zwar gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG anspruchsbegründende Wirkung und finde Anwendung, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlege. Eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung verstoße aber erst dann gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Die Ungleichbehandlung im entschiedenen Fall sei sachlich gerechtfertigt, da die Beklagte mit der weiteren Gewährung einer ungekürzten Betriebsrente der besonderen Lage der Versorgungsempfänger Rechnung tragen wolle. Sie wolle damit sicherstellen, dass diese ihren finanziellen Lebensstandard, auf den sie sich im Ruhestand eingestellt haben, beibehalten können. Dieser Zweck trage die vorgenommene Differenzierung. Denn bei gebotener typisierender Betrachtung seien die Versorgungsanwärter nicht in gleichem Maße von einer Kürzung der Betriebsrente betroffen, da sie hinsichtlich der späteren Betriebsrente lediglich eine entsprechende Erwartung hätten. Mit Eintritt des Versorgungsfalles werde das Schutzbedürfnis der Betroffenen in der Regel größer. Der Eintritt des Versorgungsfalles stelle mithin eine entscheidende Zäsur dar und sei daher ein sachgerechter Anknüpfungspunkt für eine unterschiedliche Behandlung. Einen Zahlungsanspruch der Klägerin auf der Grundlage des Gleichbehandlungsgrundsatzes hat das BAG daher verneint.

Hinweis für die Praxis

Das BAG hat mit der vorliegenden Entscheidung nochmals klargestellt, dass der Eintritt des Versorgungsfalles, der Renteneintritt, ein sachgerechter Anknüpfungspunkt für eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung verschiedener Gruppen bei der Betriebsrentengewährung sein kann. Dies ist sachgerecht und zu begrüßen. Die Entscheidung ruft zugleich in Erinnerung, dass bei der Ausgestaltung der Betriebsrente im Einzelfall sorgfältig zu prüfen ist, ob etwaige unterschiedliche Behandlungen verschiedener Gruppen von Betroffenen sachlich gerechtfertigt sind. Denn bei Verstößen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz können erhebliche Zahlungsansprüche drohen.

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