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Fristlose Kündigung wegen heimlicher Aufzeichnung eines Personalgesprächs wirksam

Auch im Arbeitsverhältnis spielt das grundgesetzlich verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht regelmäßig eine wichtige Rolle. Dass eine Verletzung sich auch zulasten des Arbeitnehmers auswirken kann, zeigt ein Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 23. August 2017 (Az.: 6 Sa 137/17).

Sachverhalt

Das Hessische Landesarbeitsgericht hatte sich mit der Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung eines langjährig beschäftigten Arbeitnehmers zu befassen. Der Kläger war von der Beklagten, seiner Arbeitgeberin, zu einem Personalgespräch eingeladen worden, nachdem er einen Kollegen beleidigt und eine Kollegin verbal bedroht hatte. An diesem Personalgespräch nahm neben dem Kläger und seinem Vorgesetzten auch der Betriebsrat teil. Einige Monate zuvor hatte sich der Kläger bereits in einer E-Mail an seinen Vorgesetzten despektierlich über seine Kollegen geäußert und hatte diese als „Low Performer“ und „faule Mistkäfer“ bezeichnet. Wegen dieses Vorfalls hatte er eine Abmahnung erhalten.

Einige Monate nach dem Personalgespräch erfuhr die Beklagte, dass der Kläger das Personalgespräch mit seinem Smartphone heimlich aufgenommen hatte. Das Smartphone hatte während des Personalgesprächs offen auf dem Tisch gelegen. Im Kündigungsrechtstreit macht der Kläger geltend, er habe nicht gewusst, dass eine Ton-Aufnahme verboten sei.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main wies die Kündigungsschutzklage ab. Auch die Berufung des Klägers blieb vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht erfolglos.

Entscheidungsgründe

Das Hessische Landesarbeitsgericht führte in seinem Urteil aus, dass die Beklagte dazu berechtigt gewesen sei, das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos zu kündigen. Das heimliche Mitschneiden des Personalgesprächs verletzte das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gesprächsteilnehmer nach Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 2 GG. Dieses beinhalte auch das Recht auf Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen Worts und damit das Recht, darüber zu bestimmen, ob mündliche Erklärungen nur den Gesprächspartnern, einem bestimmten Kreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein sollen.

Zwar seien bei jeder fristlosen Kündigung die Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwiegen. Nach Auffassung des Gerichts überwogen jedoch in diesem Fall die Interessen der Beklagten, dies trotz einer langen Betriebszugehörigkeit des Klägers von ca. 25 Jahren. Das Gericht führte aus, dass der Kläger in dem Personalgespräch darauf hinweisen hätte müssen, dass die Aufnahmefunktion des Smartphone aktiviert war. Eine Rechtfertigung für eine heimliche Aufnahme liege nicht vor. Daneben sei das Arbeitsverhältnis bereits zuvor durch die Beleidigungen des Klägers und die vorausgegangene Abmahnung beeinträchtigt gewesen.

Praxishinweis

Für Arbeitgeber begrüßenswert ist der Ansatz des Hessischen Landesarbeitsgerichts, die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der übrigen Gesprächsteilnehmer durch den Arbeitnehmer als nicht zu rechtfertigenden Verstoß zu bewerten und damit die Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung zu bestätigen. Zu dem Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts liegt bisher nur die Pressemitteilung vor. Es bleibt daher abzuwarten, welche besonderen Umstände das Hessische Landesarbeitsgericht innerhalb der erforderlichen Interessenabwägung zugunsten der Arbeitgeberin berücksichtigt hat und ob aus dieser Einzelfallentscheidung allgemeine Grundsätze für die Rechtfertigung von fristlosen Kündigungen abgeleitet werden können.

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