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Freistellung eines Konzernbetriebsratsmitglieds

Das BAG hat mit Beschluss vom 23.05.2018 (7 ABR 14/17) entschieden, dass der Konzernbetriebsrat nach § 59 I in Verbindung mit § 37 II BetrVG vom Vertragsarbeitgeber seines Mitglieds dessen generelle (Teil-)Freistellung verlangen kann, sofern die Freistellung zur ordnungsgemäßen Durchführung der dem Konzernbetriebsrat obliegenden Aufgaben erforderlich ist. Bei seiner Entscheidung über die generelle (Teil-)Freistellung eines Mitglieds hat der Konzernbetriebsrat auch die Interessen der Vertragsarbeitgeberin und gegebenenfalls die Interessen des entsendenden Betriebsrats zu berücksichtigen.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Konzernbetriebsrat von der Arbeitgeberin des Konzernbetriebsratsvorsitzenden dessen teilweise Freistellung für die Wahrnehmung seiner Aufgaben im Konzernbetriebsrat verlangen kann.

Der Konzernbetriebsratsvorsitzende war zunächst bei seiner Vertragsarbeitgeberin für die dortige Betriebsratstätigkeit nach § 38 BetrVG im Umfang von 100 % seiner Arbeitszeit von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt.

Am 17.06.2014 fasste der Konzernbetriebsrat den Beschluss, dass der Konzernbetriebsratsvorsitzende und weitere Mitglieder zur Bewältigung der Aufgaben des Konzernbetriebsrats jeweils zu 50 % für ihre Tätigkeit im Konzernbetriebsrat freigestellt werden sollen und gegebenenfalls vorhandene Freistellungen in den Betriebsräten der entsendenden Betriebe in dem Umfang entfallen, in dem die Freistellungen im Konzernbetriebsrat durch den Konzern bestätigt und wahrgenommen werden.

Die begehrte pauschale Teilfreistellung des Konzernbetriebsratsvorsitzenden wurde arbeitgeberseitig abgelehnt.

Nachdem die Arbeitgeberin und die Konzernmutter erst- und zweitinstanzlich obsiegten, hatte die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats teilweise Erfolg und führte zur Zurückverweisung an das LAG.

Entscheidungsgründe

Nach Ansicht des BAG habe das LAG verkannt, dass einem Konzernbetriebsrat grundsätzlich ein eigener Anspruch auf generelle (Teil-)Freistellung eines oder mehrerer seiner Mitglieder zustehen kann.

Die Vorschrift des § 38 I BetrVG sei zwar auf den Konzernbetriebsrat nicht anwendbar, da in § 59 I BetrVG, der für die Geschäftsführung des Konzernbetriebsrats auf einzelne für den Betriebsrat geltende Vorschriften Bezug nimmt, eine Verweisung auf § 38 BetrVG fehle.

Jedoch könne der Konzernbetriebsrat einen eigenen Anspruch auf eine generelle (Teil-)Freistellung eines oder mehrerer seiner Mitglieder auf § 59 I iVm § 37 II BetrVG stützen, sofern die Freistellung für die ordnungsgemäße Durchführung der Aufgaben des Konzernbetriebsrats erforderlich ist.

Die Vorschrift des § 59 I BetrVG billige dem Konzernbetriebsrat und seinen Mitgliedern einen eigenen Anspruch auf Arbeitsbefreiung zu.

Da der Anspruch des Konzernbetriebsrats auf Freistellung seiner Mitglieder jedoch zu Abgrenzungs- und Konkurrenzproblemen mit den entsendenden Betriebsräten führen könne, müsse das jeweilige Gremium bei seiner Freistellungsentscheidung berücksichtigen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang seine Mitglieder bereits in anderen Gremien freigestellt sind und ob Überschneidungen oder Konkurrenzen drohen, die es zu vermeiden gilt.

Im Rahmen der weiteren Sachverhaltsaufklärung werde das LAG zu prüfen haben, ob eine ständige (Teil-)Freistellung zur Erledigung von Konzernbetriebsratsaufgaben nach den tatsächlichen Umständen erforderlich ist.

Hinweise für die Praxis

Das BAG stellt klar, dass auch ein Konzernbetriebsrat einen eigenen Anspruch auf eine generelle (Teil-)Freistellung eines oder mehrerer seiner Mitglieder haben kann, sofern eine solche Freistellung für die ordnungsgemäße Durchführung der Aufgaben des Konzernbetriebsrats erforderlich ist.

Zu beachten ist, dass hierfür der Konzernbetriebsrat konkret darlegen muss, dass seine Arbeitsbelastung eine ständige (Teil-)Freistellung erforderlich macht, und die Arbeitszeit der bereits freigestellten Konzernratsmitglieder nicht ausreicht, um die erforderlichen Konzernbetriebsratsaufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen.

Ferner ist zu beachten, dass der Konzernbetriebsrat seine Entscheidung über die generelle (Teil-)Freistellung eines Mitglieds nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten darf, sondern auch die Interessen der Vertragsarbeitgeberin und gegebenenfalls auch die Interessen des entsendenden Betriebsrats zu berücksichtigen hat.

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