Dr. Christoph Fingerle, Fachanwalt für Arbeitsrecht

»Die Grenze der Geltung deutschen Rechts«

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 23.05.2018 entschieden, dass für einen Konzern, dessen Konzernspitze im Ausland ansässig ist und bei dem es keine inländische Teilkonzernspitze gibt, ein Konzernbetriebsrat nach deutschem Recht nicht errichtet werden kann.

Sachverhalt

In dem Beschlussverfahren dieser Entscheidung gab es insgesamt neun Beteiligte. Die Beteiligten Ziff. 1 bis Ziff. 5 sind Unternehmen einer weltweit tätigen Unternehmensgruppe, deren Konzernobergesellschaft ihren Sitz in der Schweiz hat.

Die Beteiligte Ziff. 1 ist eine Holding ohne eigene Geschäftstätigkeit. Die Beteiligten zu 2. bis 5. sind „operative“ Tochtergesellschaften der Beteiligten zu 1. in Deutschland. Die Beteiligte zu 1. übt gegenüber den Beteiligten zu 2. bis 5. keine Leitungsfunktionen aus.

Die Beteiligten Ziff. 7 bis 9 sind die Betriebsräte, die in einigen der beteiligten Unternehmen gewählt waren. Die Betriebsräte hatten beschlossen, einen Konzernbetriebsrat zu errichten, woraufhin auf Einladung eines Betriebsrats in einer konstituierenden Sitzung am 4. September 2014 von den entsandten Mitgliedern der Betriebsräte ein Vorsitzender sowie ein stellvertretender Vorsitzender eines Konzernbetriebsrats bestimmt wurden. Der so errichtete Konzernbetriebsrat war Beteiligter Ziff. 6 des Beschlussverfahrens.

Die Unternehmen hatten beim Arbeitsgericht im Beschlussverfahren beantragt, festzustellen, dass der Beteiligte zu 6. als Konzernbetriebsrat für die Beteiligten zu 1. bis 5. nicht besteht. Diesem Antrag hatten die Vorinstanzen stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des zu 6. beteiligten Konzernbetriebsrats und der zu 7. bis 9. beteiligten Betriebsräte zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Nach § 54 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 2 BetrVG kann für einen Konzern iSv. § 18 Abs. 1 AktG durch Beschlüsse der Gesamtbetriebsräte bzw. Betriebsräte ein Konzernbetriebsrat errichtet werden. Hat das herrschende Unternehmen seinen Sitz im Ausland und besteht keine im Inland ansässige Teilkonzernspitze, die über wesentliche Entscheidungsbefugnisse in personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten verfügt, kann ein Konzernbetriebsrat nicht errichtet werden.

Durch die Errichtung eines Konzernbetriebsrats werden nämlich auf der Ebene des Unternehmens an der Konzernspitze Beteiligungsrechte, Mitwirkungsrechte und Mitbestimmungsrechte begründet. Diese Rechtswirkungen, die sich aus der Anwendung und Geltung deutschen Rechts ergeben, finden ihre Grenzen dort, wo deutsches Recht keine Geltung für sich beanspruchen kann. So konnten vorliegend durch deutsches Recht keine Beteiligungsrechte, Mitwirkungsrechte und Mitbestimmungsrechte am Sitz der Konzernspitze in der Schweiz begründet werden.

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