Stefan Daub, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Befristungskontrollklage – Sachgrund der Drittmittelfinanzierung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 16.01.2018 (7 AZR 22/16) entschieden, dass der Sachgrund der sog. Drittmittelfinanzierung als sonstiger Sachgrund i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG die Befristung eines Arbeitsvertrags aufgrund einer Vorgabe des Drittmittelgebers gegenüber seinem Auftragnehmer, Arbeitsverträge zur Mitwirkung an dem Vorhaben erst nach Bewilligung der Drittmittel befristet abzuschließen, nicht rechtfertigt. Andernfalls hätte es der Arbeitgeber im Zusammenwirken mit dem Drittmittelgeber in der Hand, einen Sachgrund für die Befristung des Arbeitsvertrags zu schaffen, obwohl allenfalls eine Unsicherheit darüber besteht, ob auch künftig Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Sachverhalt

Der beklagte Landkreis ist Träger von Berufsschulen, an denen ein Berufsvorbereitungsjahr für Jugendliche eingerichtet werden kann, in dem die Jugendlichen durch Sozialpädagogen betreut werden. Ein solches bot der Beklagte seit dem Schuljahr 2008/2009 durchgängig an. Die Klägerin war bei dem Beklagten seit dem 25.08.2008 als Sozialpädagogin auf der Grundlage von sechs jeweils für die Dauer eines Schuljahrs befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt. Der zuletzt abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 08./20.08.2013 regelte u.a., dass die Klägerin „vorbehaltlich der Fördermittelzusage durch die Sächsische Bildungsagentur für das Schuljahr 2012/2013“ ab dem 21.08.2013 als Vollzeitbeschäftigte befristet eingestellt wird, und zwar „wegen Vorliegen eines sachlichen Grundes als Beschäftigte für folgende Aufgaben von begrenzter Dauer: im Rahmen der Fördermaßnahme der Sächsischen Bildungsagentur für die sozialpädagogische Betreuung im Berufsvorbereitungsjahr am BSZ F Bewilligungsbescheid für das Schuljahr 2013/2014“. Weiter war vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.07.2014 endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

Vor Abschluss dieses Vertrags hatte der Freistaat Sachsen dem Beklagten mit Bescheid vom 23.07.2013, wie bereits in den Vorjahren zumindest seit dem Schuljahr 2008/2009, eine Zuwendung zur sozialpädagogischen Betreuung im Berufsvorbereitungsjahr für die Zeit vom 01.08.2013 bis zum 31.07.2014 bewilligt. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass vor Beginn des Bewilligungszeitraums kein Vertrag abgeschlossen werden dürfe. Die Zuwendung wurde als Anteilsfinanzierung i.H.v. 90 % der zuwendungsfähigen Personalausgaben als verlorener Zuschuss gewährt.

Die Klägerin machte mit ihrer Befristungskontrollklage geltend, die vereinbarte Befristung zum 31.07.2014 sei unwirksam. Das Arbeitsgericht hat die Klage noch abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Befristung indes für unwirksam erklärt.

Entscheidungsgründe

Nach Ansicht des BAG lag kein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsvertrags vor. Der Sachgrund des nur vorübergehend bestehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG) kommt zwar sowohl bei vorübergehendem Anstieg des Arbeitsvolumens im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitgebers als auch durch die Übernahme eines Projekts oder einer Zusatzaufgabe, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht, in Betracht. Dieser Sachgrund setzt aber voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet Eingestellten kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht. Dafür müssten konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertigt die Befristung nicht, sondern gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers. Diese Voraussetzungen lagen aus Sicht des BAG nicht vor. Zwar spreche es für das Vorliegen eines Projekts, wenn einem Arbeitgeber hierzu von Dritten finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt würden. In der sozialpädagogischen Betreuung während des Vorbereitungsjahrs habe jedoch kein solches zeitlich begrenztes Projekt gelegen, da es beim Beklagten bereits seit dem Schuljahr 2008/2009 durchgehend angeboten worden sei. Daran ändere sich nichts, wenn der Drittmittelgeber Jahr für Jahr neu entscheidet, ob ein Berufsvorbereitungsjahr eingerichtet werde. Die bloße Unsicherheit über die künftige Einrichtung und die damit einhergehende Unsicherheit über die künftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertige die Befristung nicht.

Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG, der eine Befristung erlaubt, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird, war nach Ansicht des BAG ebenfalls nicht gegeben. Förder- oder Drittmittel, wie die dem Beklagten im entschiedenen Fall zur Verfügung gestellten, seien keine Haushaltsmittel im Sinne des Gesetzes.

Schließlich ging das BAG nicht davon aus, dass der im Gesetz nicht aufgeführte, aber anerkannte sonstige Sachgrund der Drittmittelfinanzierung i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG vorlag; auch insoweit reiche allein die Ungewissheit über die in Zukunft zur Verfügung stehenden Mittel nicht aus. Nur wenn die Mittel von vorneherein lediglich für eine genau bestimmte Zeitdauer bewilligt worden seien und anschließend wegfallen sollten, sei die Befristung sachlich gerechtfertigt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Drittmittel mit dem Ende des Bewilligungszeitraums wegfallen würden, lagen nach Ansicht des BAG im entschiedenen Fall aber nicht vor, zumal dem Beklagten zumindest seit dem Schuljahr 2008/2009 lückenlos für jedes Schuljahr entsprechende Zuwendungen gewährt worden waren. Der Sachgrund der Drittmittelfinanzierung rechtfertige dabei die Befristung eines Arbeitsvertrages auch nicht wegen einer Vorgabe des Drittmittelgebers gegenüber seinem Auftragnehmer, Arbeitsverträge zur Mitwirkung an dem Vorhaben erst nach Bewilligung der Drittmittel befristet abzuschließen, da es andernfalls der Arbeitgeber im Zusammenwirken mit dem Drittmittelgeber in der Hand hätte, einen Sachgrund für die Befristung des Arbeitsvertrags zu schaffen.

Hinweise für die Praxis

Das BAG bestätigt zwar seine Rechtsprechung, nach der Arbeitsverträge befristet abgeschlossen werden können, weil für eine Tätigkeit nur eine Drittelmittelfinanzierung vorliegt. Die Entscheidung zeigt aber auch auf, dass die Drittelmittelfinanzierung alleine nicht schon geeignet ist, einen wirksam befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Es muss in diesen Fällen immer vor Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags sorgfältig geprüft werden, was der Arbeitgeber in einem späteren Streit dann auch nachweisen können muss, ob lediglich eine Unsicherheit über die weitere Gewährung von Drittmitteln vorliegt oder vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die Drittmittel mit dem Ende des Bewilligungszeitraums wegfallen. Eine Vorgabe des Drittmittelgebers dazu, befristete Arbeitsverträge erst nach Bewilligung der Mittel befristet zu schließen, hilft dem Arbeitgeber im Hinblick auf die Wirksamkeit der Befristung nichts.

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