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Eine außerdienstliche Straftat rechtfertigt nicht in jedem Fall die fristlose Kündigung des Arbeitnehmers

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG Düsseldorf) hat mit Urteil vom 12.04.2018 (Az. 11 Sa 319/17) entschieden, dass eine außerdienstliche Straftat eines Arbeitnehmers eine fristlose Kündigung ohne Bezug zum Arbeitsverhältnis und bei bloß abstrakter Gefährdung ohne tatsächliche Grundlage nicht rechtfertigt. Ob aus einem Mangel an Eignung für die künftige Erledigung der Arbeitsaufgaben ein in der Person liegender Kündigungsgrund folgt, hänge von der Art des Delikts, den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und seiner Stellung im Betrieb ab.

Sachverhalt

Der Kläger war als Chemielaborant bei dem beklagten Chemieunternehmen beschäftigt, welches in einem Chemiepark mit weiteren Chemieunternehmen lag, und hatte Zugang zu zahlreichen Chemikalien bei der Beklagten. Nach knapp 25-jährigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erfuhr die Beklagte aus Presseberichten davon, dass die Polizei am 02.08.2016 in der Wohnung des Klägers 1,5 Kilogramm gefährlicher chemischer Stoffmischungen sowie ein Kilogramm eines Betäubungsmittels gefunden hatte, und außerdem der Kläger am 13.08.2016 wegen des Versuchs eines Sprengstoffvergehens im April 2016 verurteilt worden war; der Kläger hatte versucht, eine an einem Baum befestigte Sprengladung zu zünden und konnte davon im letzten Moment durch eingreifende Polizisten abgehalten werden. Nach Anhörung des Klägers kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 01.09.2016 fristlos sowie nachfolgend am 26.05.2017 ordentlich zum 31.12.2017.

Der Kläger blieb mit seiner Kündigungsschutzklage, die sich allerdings nur gegen die fristlose Kündigung richtete, in erster Instanz erfolglos. Auf die Berufung des Klägers gegen die erstinstanzliche Entscheidung gab das LAG der Klage statt.

Entscheidungsgründe

Nach Auffassung des LAG stand der Beklagten kein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB zur Seite, der zur außerordentlich fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen würde.

Eine Tatkündigung scheide aus, da die Beklagte etwaige Verletzungen von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis durch den Kläger nicht ausreichend vorgetragen habe. Für eine Verdachtskündigung konnte das LAG allein vor dem Hintergrund der außerdienstlichen Straftaten des Klägers ebenfalls keine ausreichenden Anhaltspunkte im Sinne eines konkreten Verdachts von Pflichtverletzungen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erkennen. Eine bloß abstrakte Gefahr von Pflichtverletzungen reiche nicht, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Auch eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht liege durch die außerdienstlichen Straftaten des Klägers im entschiedenen Fall nicht vor. Zwar könne die Rücksichtnahmepflicht auch durch außerdienstliches Verhalten verletzt werden. Voraussetzung sei allerdings, dass durch das – rechtswidrige – außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt werden, was der Fall sei, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis habe, was das LAG im entschiedenen Fall verneinte.

Schließlich war nach Ansicht des LAG im entschiedenen Fall auch kein ausreichender personenbedingter Kündigungsgrund gegeben. Ein solcher könne vorliegen, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Eignung oder Fähigkeit nicht (mehr) besitze, die geschuldete Arbeitsleistung vertragsgerecht zu erfüllen, was auch durch strafbares außerdienstliches Verhalten begründet werden könne. Ob daraus im Einzelfall ein personenbedingter Kündigungsgrund folge, hänge allerdings von der Art des konkreten Delikts, den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und seiner Stellung im Betrieb ab. Generelle Wertungen ließen sich nicht treffen, es komme auf die Umstände des Einzelfalls an.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung des LAG Düsseldorf ist ein weiteres Beispiel dafür, dass auch krasses außerdienstliches Fehlverhalten in Form von Straftaten nicht automatisch einen Kündigungsgrund darstellt. Arbeitgebern ist zu raten, bei derartigen Vorkommnissen vor Ausspruch einer Kündigung genau zu prüfen, ob das außerdienstliche Verhalten hinreichende Bezüge zum Arbeitsverhältnis aufweist und welche arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt wurden. Soll eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden, muss dabei auch die kurze Kündigungserklärungsfrist im Blick behalten werden, die zügiges Handeln des Arbeitgebers erforderlich macht.

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