Stefan Daub, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Ausschlussfristen:  keine Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs durch Einreichung einer Kündigungsschutzklage

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch bestehende Urlaubsansprüche sind nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine arbeitgeberseitige Kündigung tritt die Fälligkeit des Abgeltungsanspruchs grundsätzlich bereits mit Ablauf der Kündigungsfrist ein. In der Erhebung einer Bestandsschutzklage liegt nach einer neuen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nicht zugleich die erforderliche schriftliche Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs i.S. einer arbeitsvertraglichen Verfallklausel.

Sachverhalt

Der Kläger (Arbeitnehmer) war seit dem 01.12.2013 bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 29.09.2014 zum 31.10.2014. Der Kläger erhob hiergegen rechtzeitig Kündigungsschutzklage. Den Kündigungsrechtsstreit beendeten die Parteien vor dem Landesarbeitsgericht am 13.11.2015 durch Abschluss eines Vergleichs, nach dem das Arbeitsverhältnis aufgrund der fristgemäßen ordentlichen Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 31.10.2014 endete. Unstreitig standen dem Kläger zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch 30 Urlaubstage zu, die die Beklagte bislang nicht abgegolten hatte. Der dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegende Arbeitsvertrag beinhaltete in § 9 folgende Ausschlussklausel:

„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit diesem in Verbindung stehen, sind innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend zu machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind verfallen. Der Ausschluss gilt nicht, soweit ein Anspruch auf der Haftung wegen Vorsatz beruht.“

Mit einer erst am 18.12.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 23.12.2015 zugestellten weiteren Klage machte der Kläger u.a. die Abgeltung von 30 Urlaubstagen i.H.v. € 3.669,-- geltend. Er argumentierte, die vertragliche Ausschlussfrist sei unwirksam, zudem sei für die Fälligkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs auf den Zeitpunkt des Vergleichsschlusses im November 2015 abzustellen. Ferner sei ohnehin durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage der Abgeltungsanspruch im Sinne der Ausschlussfristenregelung schriftlich geltend gemacht worden.

Die Klage war in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidungsgründe

Nach Ansicht des BAG war ein Anspruch des Klägers aufgrund der Ausschlussfrist in § 9 des Arbeitsvertrages erloschen. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch kann als reiner Geldanspruch Ausschlussfristen unterliegen. Ohne sachliche Einschränkungen fallen unter den Begriff der „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ alle gesetzlichen, tariflichen und vertraglichen Ansprüche, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben.

Ob eine Ausschlussklausel, die wie vorliegend Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnimmt, einen Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt und deshalb nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist, konnte das BAG in der Entscheidung offen lassen. Ein derartiger Verstoß kam nicht in Betracht, weil das Arbeitsverhältnis bereits beendet war, bevor ein Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn bestand (dies ist erst seit dem 01.01.2015 der Fall, vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG). Die Klausel wich daher nicht zu Ungunsten des Klägers von der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung des Mindestlohns nach § 1 MiLoG ab.

Der in § 9 des Arbeitsvertrags angeordnete Verfall soll nach der Rechtsprechung des BAG unabhängig davon wirksam sein, ob der Anspruch auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs oder auf Abgeltung des übergesetzlichen Mehrurlaubs gerichtet war. Ein Abgeltungsanspruch entsteht gem. § 7 Abs. 4 BUrlG bereits mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird damit grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt fällig. Die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist vorliegend durch die ausgesprochene Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31.10.2014 eingetreten. Das vom Kläger eingeleitete Kündigungsschutzverfahren und dessen Beendigung durch gerichtlichen Vergleich hatten so wie vereinbart auf die Entstehung des Abgeltungsanspruchs und dessen Fälligkeit keinen Einfluss.

Einigen sich Parteien eines Kündigungsrechtsstreits auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die streitgegenständliche Kündigung und auf die Beendigung des Rechtsstreits, dann liegt darin die Aufgabe einer Rechtsposition (der reklamierten Unwirksamkeit der Kündigung) und (durch die Einwilligung in die Beendigung des Kündigungsrechtsstreits) zugleich eine weiter reichende materiell-rechtliche Auswirkung. Die Abrede führt nach Ablauf der Klagefrist (§ 4 Satz 1 KSchG) zum Eintritt der Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG. Dies wiederum ist für einen Arbeitnehmer gleichbedeutend mit einem Verzicht auf weitere Ansprüche, die aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultieren können.

Der Kläger hätte daher den Abgeltungsanspruch spätestens bis zum 31.01.2015 schriftlich gegenüber der Beklagten geltend machen müssen. Diese Frist hatte der Kläger nicht mit seiner Zahlungsklage vom 18.12.2015 gewahrt. Mit einer Kündigungsschutzklage wahrt der Arbeitnehmer zwar eine Ausschlussfrist für alle aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüche, da die Bestandsschutzklage auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung knüpft hingegen nicht an den Fortbestand an, sondern setzt im Gegenteil die Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus. Mit der Erhebung einer Bestandsschutzklage bringt ein Arbeitnehmer zum Ausdruck, dass er das für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung maßgebliche Tatbestandsmerkmal der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade als nicht gegeben ansieht.

Hinweise für die Praxis

Eine Ausschlussfrist kann durch die Einreichung einer Bestandsschutzklage zwar gewahrt werden, dies gilt aber nur für die aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüche. Dies gilt damit nicht für Ansprüche auf Urlaubsabgeltung. Die Entscheidung zeigt auch, dass bei zur Anwendung gelangenden Ausschlussfristen jede Partei gut beraten ist, diese wenn auch nur vorsorglich geltend zu machen.

Die Entscheidung zeigt zudem, dass bei der Formulierung von vertraglichen Ausschlussfristen große Sorgfalt geboten ist, z.B. wenn solche dem Wortlaut nach auch Ansprüche erfassen, von denen nicht abgewichen werden darf. In der Entscheidung kam es hierauf nur deshalb nicht an, weil ein Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht geschuldet war.

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