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Verwendung von ausschließlich männlichen Personenbezeichnungen auf Bankformularen

Frauen können in Formularen unter grammatikalisch männlichen Personenbezeichnungen erfasst werden und haben keinen Anspruch darauf, dass grammatikalisch weibliche Personenbezeichnungen verwendet werden.

Der Hintergrund: „Kontoinhaber“ statt „Kontoinhaberin“

Die Klägerin ist Kundin einer Sparkasse, in deren Formularen und Vordrucken im Geschäftsverkehr ausschließlich grammatikalisch männliche Personenbezeichnungen (z.B. „Kontoinhaber“) verwendet werden. Grammatikalisch weibliche Formen („Kontoinhaberin“) sind weder ausschließlich noch zusätzlich zu der grammatikalisch männlichen Form in den Formularen und Vordrucken enthalten. In persönlichen Schreiben sprach die Beklagte die Klägerin jedoch als „Frau […]“ an.

Die Aufforderung der Klägerin, in die Formulare auch die weibliche Form aufzunehmen, kam die Sparkasse nicht nach. Die Klage der Klägerin vor dem Amtsgericht und die dagegen gerichtete Berufung blieben erfolglos. Zuletzt entschied auch der BGH als Revisionsinstanz zu Lasten der Klägerin.

Das Urteil des BGH vom 13.03.2018 (AZ. VI ZR 143/17)

Der BGH wies die Revision der Klägerin mit der Begründung zurück, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf habe, in Formularen und Vordrucken ausschließlich oder zusätzlich mit grammatikalisch weiblichen Personenbezeichnungen erfasst zu werden. Die Verwendung grammatikalisch männlicher Personenbezeichnungen sei keine Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Die grammatikalisch männliche Personenbezeichnung umfasse im allgemeinen Sprachgebrauch auch Personen, deren natürliches Geschlecht nicht männlich sei (sog. generisches Maskulinum), ohne dass darin eine Geringschätzung bzw. Benachteiligung gegenüber diesen Personen liege. Aus dem gleichen Grund verletze die Formulierung auch nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität. Dies gelte vor allem auch deshalb, weil sich die Sparkasse an die Klägerin in persönlichen Gesprächen und in individuellen Schreiben mit der Anrede "Frau […]" wende.

Die Auswirkungen des Urteils des BGH

Die Entscheidung des BGH wird für Erleichterung bei den Personen oder Institutionen sorgen, die im Geschäftsverkehr Vordrucke und Formulare mit ausschließlich männlichen Personenbezeichnungen („Besteller“, „Kunde“, „Vertragspartner“) verwenden. Denn eine mit hohem Aufwand verbundene Umformulierung der AGB zugunsten der grammatikalisch weiblichen Personenbezeichnungen ist derzeit nicht nötig und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Verstößen gegen das AGG wegen derartiger Formulierungen aktuell nicht zu befürchten.

Der Entscheidung des BGH ist auch zuzustimmen: in der Verwendung ausschließlich grammatikalisch maskuliner Personenbezeichnungen liegt keine Benachteiligung im Sinne des AGG und auch keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, weil diese Bezeichnungen die weibliche Form nach dem allgemeinen Sprachverständnis umfassen. Dies gilt umso mehr, wenn die persönliche Ansprache in Briefen und persönlichen Gesprächen dem natürlichen Geschlecht entspricht.

Wer – beispielsweise im Zusammenhang mit ohnehin erforderlichen, sonstigen Änderungen seiner Formulare und Vordrucke – gleichwohl die verwendeten Formulare zugunsten einer umfassenderen sprachlichen Einbindung weiblicher Adressaten umstellen möchte, hat dazu verschiedene Möglichkeiten. So können männliche und weibliche Formen nebeneinander („Kontoinhaber/in“) verwendet werden, wenn dies den Lesefluss und das Verständnis nicht zu sehr beeinträchtigt. Auch direkte Ansprachen („Sie“), neutrale Formen („kontoinnehabende Person“) oder die Klarstellung, dass mit einem bestimmten Begriff auch die weibliche Form gemeint ist, können eine Alternative zum generischen Maskulinum sein.

Es bleibt abzuwarten, ob es bei der vorerst geklärten Rechtslage verbleibt. In den kommenden Jahren werden vergleichbare zivil- und verfassungsrechtliche Fragestellungen ggf. noch einmal aufkommen (und dies nicht nur, weil die Klägerin angekündigt hat, Verfassungsbeschwerde zu erheben). Zukünftige Entscheidungen werden sich voraussichtlich über die Gleichstellung von Mann und Frau hinaus auch mit dem zuletzt vom Bundesverfassungsgericht anerkannten dritten Geschlecht (Beschluss vom 10.10.2017, Az. 1 BvR 2019/16) und sonstigen Formen des geschlechtlichen Selbstverständnisses befassen.

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