Prof. Dr. F. Christian Genzow, Vertriebsrecht

VW-Konzern: Eine Partnerschaft zum Wohlfühlen?

Mit hoher Loyalität haben sich die Partner des VW-Kon­zerns in der Abgaskrise um die Kunden gekümmert und tun das noch immer - aber gedankt wird es ih­nen nicht. Man sollte doch eigentlich meinen, dass es gerade in einer sol­chen Krisenzeit - und es ist tatsächlich eine Krise - angezeigt wäre, zusam­menzurücken. Das lässt sich aber nur auf Handelsseite festzustellen, die Her­stellerseite tut nichts in dieser Rich­tung. Dabei wäre es doch angesagt, die Partner zu umarmen, die so loyal zu den Marken stehen, und vielleicht auch einmal „Danke" zu sagen. Die Realität sieht indes anders aus: Schon auf der ersten Mitgliederversammlung nach Bekanntwerden von Dieselgate konnte sich der Vertriebsverantwort­liche des Konzerns nicht einmal dazu durchringen, sich bei den Vertrags­partnern für die entstandene Misere zu entschuldigen.

Aufwendungen, die jeder einzelne Vertragspartner sowohl in zeitlicher als auch in finanzieller Hinsicht erbringt, um seine Kunden zu beruhigen und zu motivieren, ignoriert der Hersteller zudem vollständig.

Aber auch sonst lässt der Konzern alle Umgangsformen missen: Allen vo­ran der Hersteller Audi, der sich wegen einer vermeintlichen Umstrukturie­rung geradezu unsäglich gegenüber seinen Partnern verhält. Dazu zwei Beispiele: Ein Audi-Händlerkollege ruft den anderen an, um zu fragen, wann er denn endlich aufhöre - sicher habe Audi schon mit ihm gesprochen. Der weiß jedoch von nichts, bekommt aber im Lauf des Jahres noch zwei wei­tere Anrufe von dem Händlerkollegen, bis sich Audi schließlich dazu herablässt, einmal selbst mit dem betrof­fenen Partnern zu sprechen - um ihm zu kündigen. Das zweite Beispiel: Der Audi-Partner findet zwei Straßen wei­ter ein Bauschild, das daraufhin weist, dass dort ein neuer Audi-Betrieb ent­steht. Er ruft bei dem Audi-Partner an, der ihm mitteilt, ihm sei das Gebiet nun zugewiesen worden, da der anru­fende Audi-Partner nicht bereit gewe­sen sei, zu investieren. Nur: Mit diesem Audi-Partner hat niemand gesprochen! Auf eine Entschuldigung von Audi für ein derartig unpartnerschaftliches Ver­halten warten die betroffenen Händler noch heute.

Nicht viel besser verhält man sich im Konzern bei Kundenrechtsstreitig­keiten, die im Zusammenhang mit Dieselgate stehen: Der Partner erhält zwar die Zusage, dass man ihn von den Kosten des Rechtsstreits freistellt. Zeit und sonstigen Aufwand für den Partner erstattet VW jedoch nicht. Und schon gar nicht erklärt der Konzern, dass er ein Fahrzeug, das der Händler gegebe­nenfalls aufgrund eines Urteils zurück­nehmen muss, auch mit entspre­chender Entschädigung zurücknimmt. Zudem sind die Partner, wenn Kunden nur sie selbst und nicht noch zusätzlich den Konzern verklagen, aus Rechts­gründen gezwungen, dem Hersteller den Streit zu verkünden - was wiede­rum dort großes Missfallen erregt. Ob­wohl doch der Hersteller selbst die Klagen verursacht hat.

Aber auch im Übrigen liegt den Kon­zernverantwortlichen der Gedanke fern, ihre Partner zu umarmen: Als im Januar 2017 das Gerücht aufkam, es werde bald neue Verträge geben, ver­neinte Volkswagen dies strikt und wies jede Anfrage von Presseorganen ärger­lich zurück. Nicht einmal zwei Monate später räumt dann Herr Zahn in einem Interview ein, dass man vielleicht doch über neue Verträge nachdenke. Tat­sächlich ist man weit über das „Nach­denken" hinaus: Dem Vernehmen nach sollen neue Audi-Verträge bereits im Herbst, neue VW-Verträge späte­stens im Frühjahr 2018 kommen. Was soll diese Lügerei? Stellt man so drin­gend notwendiges Vertrauen wieder her? Ist vielleicht irgendwie in Verges­senheit geraten, dass der Handel an der Krise nun wirklich nicht schuld ist?

Fazit: Eine geänderte Umgangskul­tur wäre gleichermaßen angesagt wie auch eine partnerschaftliche Unter­stützung. Die Hoffnung stirbt bekannt­lich zuletzt.

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