stefan lammel gesellschaftsrecht 1.jpgDr. Ingo Reinke, Gesellschaftsrecht

Umsatzsteuerkorrektur infolge erfolgreicher Insolvenzanfechtung

Führt eine Insolvenzanfechtung zur Rückzahlung von Zahlungen für umsatzsteuerpflichtige Leistungen, so muss der Insolvenzverwalter die entsprechende Vorsteuer erstatten. Anfechtungsgegner kann dementsprechend eine Erstattung der ursprünglich gezahlten Umsatzsteuer erhalten.

Hintergrund

Der Insolvenzverwalter hatte erfolgreich Zahlungen angefochten, die das Schuldnerunternehmen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens für Lieferungen und Leistungen an seine Gläubiger gezahlt hatte. Die Gläubiger mussten die erhaltenen Zahlungen im Jahr 2013 (Streitjahr) an die Insolvenzmasse zurückzahlen. Der Insolvenzverwalter korrigierte aufgrund der vereinnahmten Rückzahlungen – unter der Steuernummer der Insolvenzmasse – den Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr. Er beantragte bei dem zuständigen Finanzamt, die Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2013 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 0 Euro festgesetzt wird, da die Erstattung nur als Insolvenzforderung (unter der Steuernummer des Schuldnerunternehmens) zur Tabelle anzumelden sei. Dies lehnte das Finanzamt ab und trug vor, dass die aus der Vorsteuerberichtigung resultierende Umsatzsteuerschuld eine Masseverbindlichkeit darstelle.

Die Entscheidung des BFH

Nach der Entscheidung des BFH stellt die aus der Vorsteuerberichtigung resultierende Umsatzsteuerschuld eine Masseverbindlichkeit dar und muss aus der Insolvenzmasse voll befriedigt werden.

Für die Abgrenzung zwischen Masseverbindlichkeit und Insolvenzforderung zog der BFH die Kriterien der ständigen Rechtsprechung heran. Danach ist entscheidend, ob der den Umsatzsteueranspruch begründende Tatbestand nach den steuerrechtlichen Vorschriften bereits vor oder erst nach Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen ist. Auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung nach § 13 UStG ist nicht abzustellen. Die vorliegende Berichtigung des Vorsteuerabzugs im Streitjahr beruhte auf der erfolgreichen Insolvenzanfechtung, wodurch die Forderungen der Gläubiger nachträglich uneinbringlich wurden. Der BFH führt aus, dass in solchen Fällen es zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nicht bereits durch die Entstehung des Anspruchs auf Rückgewähr kommt, sondern erst durch die tatsächliche Entgeltrückzahlung. Dies ergebe sich aus § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG. Damit war der umsatzsteuerrechtliche Berichtigungsanspruch begründende Tatbestand erst nach Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht und führte zu einer Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

Anmerkung

Mit dem Urteil stärkt der BFH vor allem die Position der Finanzbehörden und schafft für Insolvenzverwalter durch die Begründung weiterer Masseverbindlichkeiten erhöhte Haftungsrisiken.

Bedeutsam ist das Urteil aber auch für Personen oder Unternehmen, die einer Insolvenzanfechtung ausgesetzt sind, die sich auf Zahlungen für umsatzsteuerpflichtige Leistungen bezieht. Zum einen bestätigt das Urteil des BFH, dass Anfechtungsgegner ihrerseits eine Umsatzsteuerkorrektur nach § 17 UStG durchführen können und die abgeführte Umsatzsteuer, die der Vorsteuererstattung des Insolvenzverwalters entspricht, vom Finanzamt zurückerstattet erhält. Dadurch können sich Anfechtungsgegner den durch die Anfechtung verursachten wirtschaftlichen Schaden um den Umsatzsteueranteil der angefochtenen Leistung verringern.

Auch im Rahmen von Vergleichsverhandlungen mit Insolvenzverwaltern können Anfechtungsgegner diese Rechtsprechung für sich nutzbar machen. Denn Insolvenzverwalter werden die haftungsträchtige Entstehung von Masseverbindlichkeiten ebenso scheuen, wie den mit der umsatzsteuerrechtlichen Berichtigungen verbundenen Verwaltungsaufwand. Dadurch erhöht sich der Anreiz für den Insolvenzverwalter in Verhandlungsgesprächen über einen pauschalen Abgeltungsvergleich mit Anfechtungsgegner einzusteigen, der keine Rückabwicklung der einzelnen angefochtenen Zahlungen beinhaltet.

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