Stephanie Krüger, Arbeitsrecht

Fristlose Kündigung wegen Verstoßes gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot

Das LAG Schleswig-Holstein hat mit Urteil vom 12.04.2017 (3 Sa 202/16) entschieden, dass eine Beteiligung des Arbeitnehmers von 50% an einer juristischen Person, die während seines Arbeitsverhältnisses konkurrierend im Handelszweig des Arbeitgebers am Markt agiert, an sich einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung wegen Verstoßes gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot darstellt.

Sachverhalt

Die Parteien streiten unter anderem über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit dem Vorwurf der Konkurrenztätigkeit. Der Kläger war zeitweise als Geschäftsführer, zuletzt als leitender Angestellter mit Prokura bei der Beklagten tätig. Der Arbeitsvertrag enthielt ein Wettbewerbsverbot sowie für den Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe für die Dauer des Arbeitsvertrages sowie für die Dauer von 12 Monaten nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses. Die Beklagte erbringt Dienstleistungen im Bereich „Services von technischen Geräten aus dem Consumer-Bereich, insbesondere aus dem Telekommunikationssektor.“ Während des Bestehens seines Arbeitsverhältnisses wurde eine haftungsbeschränkte Gesellschaft gegründet, an der der Kläger seit Gründungsdatum 50% der Gesellschaftsanteile hält. Die Gesellschaft war in demselben Handelszweig wie die Beklagte tätig, nämlich „Handel, Service und Beratungen im Umfeld von Telekommunikations- und Medienunternehmen". Diese Gesellschaft hat auch Aufträge für die Beklagte durchgeführt, unter Mitwirkung und auf Antreiben des Klägers hin. Der Kläger informierte die Beklagte nicht über seine Beteiligung. Nachdem die Beklagte von der Gesellschafterstellung des Klägers Kenntnis erlangt hatte, kündigte sie ihm fristlos, obwohl das Arbeitsverhältnis ohnehin zum Monatsende hätte enden sollen. Widerklagend verlangte die Beklagte Zahlung der Vertragsstrafe. Die Kündigungsschutzklage blieb ohne Erfolg, der Widerklage wurde stattgegeben. Der Kläger legte Berufung ein.

Entscheidungsgründe

Nach Auffassung des LAG stellt die Beteiligung  des Klägers an der Gesellschaft eine unerlaubte vertragliche Wettbewerbstätigkeit dar. Zwar sei die Gesellschafterstellung an einer juristischen Person nicht zwingend eine Konkurrenztätigkeit. Jedoch liege eine Konkurrenztätigkeit dann vor, wenn die Gesellschaft mit dem Arbeitgeber in direktem oder indirektem Wettbewerb steht und die reine [ohne Vertretungsmacht] Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf den Geschäftsbetrieb der juristischen Person eröffne. Eine Gesellschafterstellung mit maßgeblichem Einfluss ist nach Auffassung des Gerichts dann gegeben, wenn ein Anteil von 50% bestehe, der eine mehrheitliche Meinungsbildung und damit Beschlüsse der Gesellschaft im Sinne einer Sperrminorität verhindern könne. Infolge einer solchen Gesellschaftsbeteiligung sei es zwingend, dass der Gesellschafter in Bezug auf die Vornahme der unternehmerischen Ziele mitbestimme. Damit ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot bejaht werden könne, müsse hinzukommen, dass die Konkurrenzgesellschaft auf dem Markt tätig werde. So stelle die reine Registrierung bzw. der reine Erwerb einer Internet-Domäne noch keine unzulässige Konkurrenz, sondern vielmehr eine Vorbereitungshandlung dar. Zu beachten sei ebenfalls, dass der aus § 60 Abs.1 HGB entnommene allgemeine Rechtsgedanke des Schutzes des Arbeitgebers vor Tätigkeiten des Arbeitnehmers dann keine Anwendung finde, wenn die Firma die strittige Tätigkeit auf vertraglicher Basis mit dem Arbeitgeber erbringe. Eine Konkurrenztätigkeit könne nur dann vorliegen, wenn die Unternehmen als Wettbewerber auftreten und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber dadurch für denselben Kundenkreis in Frage kämen. Schließe der Arbeitnehmer mit dem Prinzipal als Anbieter oder Arbeitnehmer Geschäfte ab, seien diese nicht von dem Verbot erfasst. Trete – wie im hier entschiedenen Fall – die Gesellschaft, an der der Arbeitnehmer 50% Anteile hält, als Wettbewerber im Markt auf, sei eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung wirksam. Insbesondere die Tatsache, dass der Kläger als Prokurist eine besondere Stellung inne habe und der Beklagten seine Konkurrenztätigkeit über einen großen Zeitraum verschwieg, rechtfertige eine Kündigung des Anstellungsverhältnisses. Nach der Überzeugung der Kammer hatte der Kläger das Vertrauen der Beklagten in seine Loyalität als Prokurist der Firma über Monate hinweg langanhaltend und zielgerichtet strapaziert und teils missbraucht.

Hinweis für die Praxis

Diese Entscheidung liegt auf der Linie mit älteren Entscheidungen, die eine Konkurrenztätigkeit zum Gegenstand hatten. So hatte beispielsweise im vergangenen Jahr auch das LAG Rheinland-Pfalz (01.09.2016 – 5 Sa 83/16) im Sinne des Arbeitgebers entschieden, nachdem eine Arbeitnehmerin als Alleingesellschafterin ein Konkurrenzunternehmen gegründet und während des bestehenden Arbeitsverhältnisses bereits die Geschäftstätigkeit aufgenommen hatte.

Zu Recht entschied auch das LAG Schleswig-Holstein, dass es der Beklagten auch unter Berücksichtigung der langjährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers nicht zumutbar war, das Arbeitsverhältnis auch nur einen Tag länger bestehen zu lassen. Dies auch, obwohl das Arbeitsverhältnis zum Monatsende ohnehin geendet hätte. Die Entscheidung macht deutlich, wie schwer eine Konkurrenztätigkeit im bestehenden Arbeitsverhältnis wiegt. Gleichwohl muss jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob ein wichtiger Grund iSd. § 626 BGB vorliegt. Auch das LAG Schleswig-Holstein hat im vorliegenden Fall umfassend die Gesamtumstände gewürdigt. Weiterhin bleibt eine untergeordnete Kapitalbeteiligung möglich.

Quelle: LAG Schleswig-Holstein Urt. v. 12.4.2017 – 3 Sa 202/16, BeckRS 2017, 115772

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