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Fristlose Kündigung wegen unerlaubter Filmaufnahmen

Das ArbG Berlin hat mit Urteil vom 1.11.2017(Az. 24 Ca 4261/17) entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Trainers für Radsport am Olympiastützpunkt Berlin wirksam ist, der in der Umkleidekabine Sportlerinnen mit einer versteckten Kamera gefilmt hatte.

Sachverhalt

Der Kläger war als Radsporttrainer am Olympiastützpunkt Berlin beschäftigt. Er hatte über einen längeren Zeitraum mit einer versteckten Kamera in der Umkleidekabine von weiblichen Sportlern Aufnahmen gemacht. Der Arbeitgeber erklärte die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses, nachdem er über die Staatsanwaltschaft Einsicht in die Ermittlungsakten hatte nehmen können.

Entscheidungsgründe

Das ArbG Berlin hat die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage als unbegründet abgewiesen. Denn nach Auffassung des Gerichts sind die vom Kläger begangenen Pflichtverletzungen derart gravierend, dass sie den Ausspruch der fristlosen Kündigung rechtfertigten. Zudem sei die sog. Zwei-Wochen-Frist gewahrt worden. Zwar könne eine fristlose Kündigung gemäß § 626 Abs. 2 BGB nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Kenntnis der Kündigungsgründe erfolgen. Diese Frist sei hier aber eingehalten. Ausreichende Kenntnis über die Kündigungsgründe habe der Arbeitgeber erst erlangt, nachdem ihm die aufgrund dieser Vorwürfe gegen den Trainer ermittelnde Staatsanwaltschaft auf mehrfache Anträge und Nachfragen hin Akteneinsicht gewährt habe. Im Anschluss hieran sei die Kündigung innerhalb dieser Frist ausgesprochen worden.

Gegen das Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.

Hinweise für die Praxis

Die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist für den Arbeitgeber stets mit vielen „Tücken“ versehen. Neben einem geeigneten Kündigungsgrund, der vorliegend von dem Kläger nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden konnte, hat der kündigende Arbeitgeber auch die Zwei-Wochen-Frist, gerechnet ab Kenntnisnahme von dem die Kündigung begründenden Sachverhalt zu beachten. Hierbei kann der Arbeitgeber sehr leicht in die „Untiefen“ von Verdachts- und Tatkündigung geraten. Die beiden Rechtsinstitute stellen jeweils eigenständige Kündigungsgründe dar, stehen aber gleichwohl nicht beziehungslos nebeneinander, weil der Verdacht letztlich nur ein geringeres Maß an menschlicher Überzeugung bedeutet als der Beweis. Der Arbeitgeber mag von der Tat überzeugt sein, das Gericht aber nicht; umgekehrt kann der Arbeitgeber nur wegen des Verdachts einer Pflichtverletzung gekündigt haben, die das Gericht für erwiesen hält.

Diese hieraus resultierenden Risiken hat die Rechtsprechung dem Arbeitgeber teilweise genommen. Wird die Kündigung zunächst nur mit dem Verdacht eines pflichtwidrigen Handelns begründet, steht jedoch nach der Überzeugung des Gerichts (z.B. auf Grund einer Beweisaufnahme) die Pflichtwidrigkeit fest, so lässt dies die Wirksamkeit der Kündigung sowohl aus kündigungs- als auch aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen unberührt. Das Gericht ist nicht gehindert, die nachgewiesene Pflichtwidrigkeit als Kündigungsgrund anzuerkennen.

Wie das ArbG Berlin in seiner jüngsten Entscheidung zudem bestätigt, ist der Arbeitgeber jedoch nicht gezwungen, eine Verdachtskündigung auszusprechen. Er kann vielmehr die sich aus dem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren ergebenden Erkenntnisse abwarten und hiernach binnen der dann laufenden Zwei-Wochen-Frist handeln. Soweit die Staatsanwaltschaft die Einsicht in die Akten trotz entsprechenden Antrags erst verzögert gewährt, geht dies nicht zu Lasten des Kündigenden.

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