Audi-Verträge: Änderung der Verträge und deren Folgen
Spätestens nachdem nun feststeht, dass die Verantwortlichen von VW und Audi die Unwahrheit gesagt haben, als sie im Januar 2017 dementierten, dass neue Handelsverträge vorbereitet werden, muss für jeden klar sein: Es ist allerhöchste Vorsicht geboten.
Ein Rundschreiben des Volkswagen- und Audi-Partnerverbandes vom 18.05.2017 hat deutlich gemacht, dass die Änderungen, die Audi plant, außerordentlich dramatisch sind und „bis zu 80 Prozent des aktuellen Geschäfts betreffen" können. Es ist daher nicht wirklich überraschend, dass viele Händler fragen: Welche Rechte habe ich? Was ist zu tun und vor allem: Wer tut es?
Eine einseitige Abänderung der Verträge ist rechtlich nicht zulässig. Der Hersteller kann den Händlern also nur neue Verträge zur (wahrscheinlich alsbaldigen) Unterzeichnung anbieten und ihnen für den Fall, dass sie sich weigern, mit einer Kündigungsfrist von einem oder zwei Jahren kündigen. Eine einjährige Kündigungsfrist setzt eine Strukturveränderung voraus, die zweijährige Kündigungsfrist, dass die Kündigung mit kartellrechtlichen Grundsätzen im Einklang steht.
Die einzig denkbare Kündigungsschranke sind letztlich die Investitionen, die der Partner auf Veranlassung des Herstellers und im Vertrauen auf eine langjährige Zusammenarbeit getätigt hat. Leider ist hier die Rechtsprechung noch nicht einheitlich und weist ein deutliches Nord-Süd-Gefälle hinsichtlich eines damit einhergehenden Kündigungsschutzes auf: Einige Gerichte lassen Investitionsersatz statt Kündigungsschutz zu, andere Gerichte verneinen sogar beides. Folglich sollte kein Händler darauf vertrauen, dass ihm gegenüber eine Kündigung nicht durchsetzbar ist.
Änderung der Verträge
Das ist selbstverständlich ganz unabhängig von der Frage, in welchem Umfang nachvertragliche Ansprüche bestehen, insbesondere Ausgleichsansprüche und Rücknahme der Vertragsware. Änderungen im Händlernetz werden daher nicht nur den Handelspartnern, sondern auch den Hersteller teuer zu stehen kommen.
Was ist zu erwarten? Bilanziert man die bisherigen Erkenntnisse, so stellt man fest: Es kann zu massiven Einschnitten im Händlernetz kommen. Die fortschreitende Digitalisierung wird mehr als bisher dazu führen, dass der Hersteller das Autogeschäft übernimmt, zumal alle Automobilhersteller wegen der Elektrofahrzeuge mit einem deutlichen Rückgang im Ersatzteilvolumen rechnen. Diesen will der VW-Konzern offenbar durch Übernahme des Fahrzeugvertriebs kompensieren. Das wird auch bestätigt durch die Absicht von Audi, jedenfalls einen großen Teil des Großabnehmergeschäftes an sich zu ziehen, insbesondere den sogenannten Acht-, Neun- und Zehn-Prozent-Bereich. Zudem dürfen nicht mehr sämtliche Händler Premiumfahrzeuge vertreiben. Folglich ist die Schätzung des VW-Audi-Partnerverbands, dass die Änderungen bis zu 80 Prozent des aktuellen Geschäfts betreffen können, keineswegs unrealistisch.
Was ist zu tun? Es mag richtig sein, dass der einzelne Händler wenig ausrichten kann. Alle Händler zusammen können - könnten? - allerdings sehr viel bewirken. Das würde aber voraussetzen:
- die unbedingte Bereitschaft aller Händler, spätestens jetzt zusammenzustehen;
- die unbedingte Bereitschaft eines jedes einzelnen Händlers, gemeinsam gefasste Beschlüsse auch umzusetzen: Ein Nein heißt dann eben Nein und nicht „Nein, außer mir";
- die Bereitschaft der Verantwortlichen des Verbands, ohne Furcht vor persönlichen Konsequenzen die Händlerschaft konsequent auf eine eigene Strategie einzuschwören;
- die Bereitschaft des Verbands, alle nur denkbaren wirtschaftlichen und rechtlichen Konsequenzen in Betracht zu ziehen, um die gemeinsam erarbeitete Strategie umzusetzen.
Wann ist es erforderlich, tätig zu werden? Der VW-Konzern hat seine Handelsorganisation schon einmal hingehalten, indem er bewusst und gezielt im Januar falsche Angaben durch die Vertriebsleiter aller drei Marken machen ließ. Das darf nicht erneut passieren. Es muss also jetzt gehandelt werden. Jetzt heißt: Sofortige Mitgliederversammlung zur Entwicklung einer eigenen Strategie. Denn derzeit „kann" der VW-Konzern noch nicht ohne den Handel. Wie dies nach neuen Verträgen aussieht, ist völlig offen. Die Zeit zum Handeln ist gekommen - sonst wahrscheinlich nie mehr.
23. Oktober 2017