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Verkehrssicherungspflicht des Arbeitgebers

Das LAG Düsseldorf hat mit Urteil vom 11.09.2017 (Az.: 9 Sa 42/17) entschieden, dass der Arbeitgeber bei einer Sturmwarnung verpflichtet ist, das Betriebsgelände abzugehen und etwaige Gefahrenquellen zu sichern. Unterlässt er das, muss er für Sturmschäden haften.

Sachverhalt

Am 05.05.2015 parkte der Arbeitnehmer sein Fahrzeug auf dem Betriebshof seiner Arbeitgeberin, der beklagten Gemeinde. Diese hatte den Mitarbeitern gestattet, ihre Wagen dort während der Dienstzeit abzustellen. Auf dem Betriebshof befand sich ein Großmüllbehälter. Dieser wurde durch Windeinwirkung gegen den PKW des Arbeitnehmers geschoben, der so stark beschädigt wurde, dass er einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt. Die Differenz von 1.380 Euro zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert zahlte die klagende Versicherung an den Arbeitnehmer. Die Versicherung verlangt aus übergegangenem Recht von der Gemeinde die Zahlung von 1.380 Euro sowie die Erstattung der Kosten eines Wettergutachtens von 47 Euro.

Entscheidungsgründe

Anders als vor dem Arbeitsgericht hatte die Klage vor dem LAG, abgesehen von der Erstattung der 47 Euro, Erfolg. Die beklagte Gemeinde ist zur Erstattung des Schadens von 1.380 Euro verpflichtet. Sie haftet, weil sie ihre Verkehrssicherungspflicht fahrlässig verletzt hat. Der Umstand, dass deren Großmüllbehälter das Fahrzeug des Arbeitnehmers zerstört hat, indizierte die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Diese Verletzung konnte die Gemeinde nicht ausräumen. Nach der Sturmwarnung vor dem Tief Zoran war sie verpflichtet, ihr Betriebsgelände abzugehen und etwaige Gefahrenquellen zu sichern. Sie hat dies zwar im Grundsatz getan, dabei den Großmüllbehälter aber nicht im Blick gehabt. Der Umstand, dass die Feststellbremsen bei der letzten Leerung am 20.04.2015 ggfs. angezogen worden waren, reichte zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht nicht aus. Es hätte der Kontrolle am 05.05.2015 bedurft. Ohne weiteres hätte auch das Tor geschlossen werden können, das sich zwischen dem parkenden Auto und dem Großmüllbehälter befand. Angesichts einer Windgeschwindigkeit von 85 km/h bzw. einer Windstärke 9 konnte nicht von einem unabwendbaren Ereignis oder einem so starken Sturm, bei dem keine Sicherheitsmaßnahmen mehr helfen, ausgegangen werden. Ein Mitverschulden des Arbeitnehmers hat das Gericht verneint, weil dieser seinen Wagen morgens um 7.00 Uhr zu Arbeitsbeginn auf dem Betriebsgelände parkte und den ganzen Tag über im Außeneinsatz war. Er durfte davon ausgehen, dass die beklagte Gemeinde die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung des Betriebshofs ergriffen hatte bzw. ergreifen werde. Die Kosten für das Wettergutachten waren im konkreten Fall nicht erstattungsfähig. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

Hinweise für die Praxis

Die Berufungsentscheidung bestätigt die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Haftung des Arbeitgebers für an vom Arbeitnehmer eingebrachte Sachen entstandenen Schäden. Aus seiner allgemeinen Fürsorgepflicht leiten sich Obhuts- und Verwahrungspflichten des Arbeitgebers in Bezug auf eingebrachte Sachen des Arbeitgebers ab. Dem Arbeitgeber können indes allein solche Schutzmaßnahmen abverlangt werden, die dem Arbeitgeber nach den konkreten beruflichen und betrieblichen Verhältnissen zumutbar sind. Bei unzureichender Erfüllung der gebotenen Schutzmaßnahmen haftet der Arbeitgeber nach den allgemeinen Grundsätzen des BGB. Die Obhuts- und Verwahrungspflicht gilt uneingeschränkt für persönlich unentbehrliche Sachen des Arbeitnehmers aber auch für unmittelbar arbeitsdienliche Sachen (z.B. Fachbücher, Werkzeug, Arbeitskleidung und sonstiges Arbeitsmaterial), sofern die Einbringung dieser Sachen aus Arbeitnehmersicht notwendig und für den Arbeitgeber zumutbar ist. Keine Ersatzpflicht besteht bei Schäden an solchen Sachen, die weder für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers notwendig sind noch im Zusammenhang mit der Arbeitsleistung üblicherweise eingebracht werden. Hinsichtlich des Kraftfahrzeugs, mit dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstelle aufsucht, haftet der Arbeitgeber, sofern er Parkplätze zur Verfügung stellt und Schäden eintreten, die auf die Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht zurückgehen. Sofern also der Arbeitgeber mit der Bereitstellung von Firmenparkplätzen eine potentielle Gefahrenquelle eröffnet hat, hat er zur Vermeidung etwaiger Schäden an den dort parkierten Fahrzeugen seiner Mitarbeiter im Rahmen der Zumutbarkeit alles Gebotene zu tun, um deren Eintritt zu verhindern.

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