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Nachtarbeitszuschlag

Das ArbG Dortmund hat mit Urteil vom 06.04.2017 (3 Ca 4633/16) entschieden, dass für einen Zeitungszusteller als Nachtarbeitnehmer i.S.d. § 2 Abs. 5 ArbZG ein Zuschlag von 10% als angemessen anzusehen ist.

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Frage, in welcher Höhe Nachtarbeitszuschläge als angemessen zu betrachten sind. Die Klägerin ist bei der Beklagten als Zusteller für Tageszeitungen, regelmäßig in der Zeit zwischen 2.00 Uhr nachts und 5.30/6.00 Uhr beschäftigt. Nach dem zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag gewährt die Beklagte der Klägerin für 104 Stunden monatlich einen Betrag von 936 Euro brutto zzgl. einer Nachtzulage von 10%. Geleistete Mehrarbeit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus werden mit 9,00 Euro brutto vergütet. Die Klägerin macht unter Hinweis auf eine Entscheidung des BAG (Urteil vom 09.12.2015, 10 AZR 423/14) einen höheren Nachtzuschlag in Höhe von 20% geltend.

Entscheidungsründe

Der Klägerin ist Nachtarbeitnehmer im Sinne von § 2 Abs. 5 ArbZG, der einen angemessenen Nachtzuschlag oder Freizeitausgleich beanspruchen kann. „Angemessen“ i.S.v. § 6 Abs. 5 ArbZG ist „regelmäßig“ ein Nachtzuschlag von 25% (BAG (Urteil vom 09.12.2015, 10 AZR 423/14), von dem nach oben wie nach unten abgewichen werden kann. Ein geringerer Ausgleich soll insbesondere genügen, wenn zum Beispiel in die Zeit der Nachtarbeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt. Ferner ist nach der Art der Arbeitsleistung zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken, zum Tragen kommen kann oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann. Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist. Auch in einem solchen Fall ist ein Zuschlag von 10% aber regelmäßig die Untergrenze dessen, was als angemessen angesehen werden kann (BAG, Urteil vom 31.08.2005, 5 AZR 545/04).

Die Kammer ist der Ansicht, dass im vorliegenden Fall wegen der Art der Tätigkeit ein Zuschlag von 10% als angemessen zu betrachten ist. Die leichte Nacharbeitstätigkeit stelle sich bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG als unvermeidbar dar. Der gesetzgeberische Wille, Nachtarbeit möglichst nicht anfallen zu lassen und dies durch eine finanzielle Belastung des Arbeitgebers zu „steuern“, greife hier nicht, weil die von der Klägerin zugestellte Tageszeitung von den Abonnenten am frühen Morgen gelesen werde und somit zwangsläufig in den Nachstunden ausgeliefert werden müsse.

Hinweis für die Praxis

Die Nachtarbeit ist in den letzten Jahren zunehmend Gegenstand arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen geworden. Besondere Bedeutung kommt in nicht tarifgebundenen Unternehmen der Vorschrift des § 6 Abs. 5 AZG zu, die einen wahlweisen Ausgleich der Nachtarbeit durch einen Zuschlag auf die Vergütung oder Freizeitgewährung stipuliert. Der Ausgleich muss angemessen sein. M.a.W.: zwischen der mit Nachtarbeit verbundenen Erschwernis und dem Ausgleich muss ein ausgewogenes Verhältnis besteht. Im Transport- und Logistikbereich wird ein Zuschlag in Höhe von 25% auf den jeweiligen Bruttostundenlohn beziehungsweise die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen regelmäßig als angemessenen erachtet. Bei Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit soll sich der Ausgleichsanspruch regelmäßig auf 30% erhöhen. Im Bewachungsgewerbe kann hingegen bereits ein Nachtarbeitszuschlag von 10 - 12% angemessen sein.

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