andreas imping arbeitsrecht 1.jpg

Arbeitsrecht: Altersgrenze für Piloten

Der EuGH hat mit Urteil vom 5. Juli 2017 (Az.: Rs C 190/16) entschieden, dass die unionsrechtlich vorgesehene Altersgrenze von 65 Jahren für im gewerblichen Luftverkehr zur Beförderung von Fluggästen, Fracht oder Post eingesetzte Piloten gültig, weil durch das Ziel der Gewährleistung der Sicherheit der Zivilluftfahrt in Europa gerechtfertigt ist.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der beklagten Lufthansa als Flugkapitän und Ausbilder beschäftigt. Ab November 2013 beschäftigte die Lufthansa ihn nicht mehr, da er die Altersgrenze von 65 Jahren erreicht hatte, die das Unionsrecht für Piloten im gewerblichen Luftverkehr zwingend vorschreibt. Der Kläger fordert von der Beklagten die Zahlung seiner Vergütung für die Monate November und Dezember 2013. Sein Arbeitsvertrag endete nämlich erst Ende Dezember 2013. Zudem verfügte er in diesen zwei Monaten weiterhin über seine Lizenz zum Führen von Verkehrsflugzeugen sowie seine Berechtigungen als Ausbilder und Prüfer. Der Kläger ist der Ansicht, dass die fragliche Altersgrenze eine Diskriminierung wegen des Alters darstelle und gegen seine Berufsfreiheit verstoße, so dass sie im Widerspruch zur Charta der Grundrechte der EU stehe. Das mit diesem Rechtsstreit befasste Bundesarbeitsgericht (BAG) legte dem EuGH die Sache zur Prüfung der Gültigkeit und Tragweite der streitigen Altersgrenze vor.

Entscheidungsründe

Der EuGH bestätigt, dass die streitige Altersgrenze zwar eine Ungleichbehandlung wegen des Alters begründe, diese jedoch durch das Ziel der Gewährleistung der Sicherheit der Zivilluftfahrt in Europa gerechtfertigt sei. Unstreitig sei, so jedenfalls das Gericht, dass die für den Beruf des Verkehrspiloten erforderlichen körperlichen Fähigkeiten mit zunehmendem Alter abnehmen, mit der Altersgrenze aber ausgeschlossen werden könne, dass ein Abnehmen dieser körperlichen Fähigkeiten nach dem 65. Lebensjahr zur Unfallursache werde. Der EuGH führt in diesem Kontext ferner aus, dass die fragliche Altersgrenze nur auf den gewerblichen Luftverkehr Anwendung findet, der durch eine größere technische Komplexität der Luftfahrzeuge und eine höhere Anzahl betroffener Personen als im nichtgewerblichen Luftverkehr gekennzeichnet ist. Zudem kann die Altersgrenze von 65 Jahren als hinreichend weit fortgeschritten betrachtet werden, um als Endpunkt der Zulassung als Pilot in der gewerblichen Luftfahrt zu dienen. Die fragliche Altersgrenze schränkt nach den Feststellungen des Gerichtshofs zwar die Berufsfreiheit ein, verstößt jedoch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Schließlich stellt der Gerichtshof klar, dass dem Inhaber einer Pilotenlizenz, der das Alter von 65 Jahren erreicht habe, weder verboten sei, als Pilot Leer- oder Überführungsflüge im Gewerbebetrieb eines Luftverkehrsunternehmens durchzuführen, bei denen weder Fluggäste, noch Fracht oder Post befördert werden, noch als Ausbilder und/oder Prüfer an Bord eines Luftfahrzeugs tätig zu sein (sofern er kein Mitglied der Flugbesatzung ist).

Hinweis für die Praxis

Die klarstellende Entscheidung ist für Luftfahrunternehmen von großer Bedeutung. Da einerseits die Regelaltersgrenze für den Eintritt in die gesetzliche Rentensicherung sukzessive bis zum 67. Lebensjahr ansteigt, andererseits die Altersgrenze von 65 Jahren zu beachten gilt, stellt sich den Fluggesellschaften in Deutschland die Frage, ob sie Piloten ab dem 65. Lebensjahr noch beschäftigen kann und muss. Sofern mit dem Piloten keine Vertragsbeendigung bei Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren ausdrücklich vereinbart ist, muss die Fluggesellschaft den Einsatz des Piloten jenseits des Fliegens mit Personen oder Fracht, z.B. als Ausbilder. Ob und inwieweit eine solche Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger dieses Rechtsstreits in Betracht zu ziehen war, wird das BAG, ggf. nach Zurückverweisung an das zuständige LAG tatsächlich zu klären haben.

Kontakt > mehr