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Ablehnung von Teilzeitanträgen – Achtung bei der Wahrung des Schriftformerfordernisses

Wie vielen Arbeitgebern bekannt ist, können Arbeitnehmer bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 TzBfG einen gesetzlichen Anspruch auf Verringerung ihrer regelmäßigen Arbeitszeit geltend machen. Zwar sieht das gesetzliche Modell grundsätzlich vor, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die gewünschten Umfang der Verringerung der Arbeitszeit verhandeln sollen. Bei Scheitern der Verhandlungen bleibt dem Arbeitgeber aber letztlich nur die Möglichkeit, den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit schriftlich abzulehnen, wobei die Ablehnung des Antrags nur auf betriebliche Gründe gestützt werden kann.

Mit Urteil vom 27. Juni 2017 (Az.: 9 AZR 368/16) hat das Bundesarbeitsgericht klarstellend festgestellt, dass für diese Ablehnung des Teilzeitantrags durch den Arbeitgeber nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG das strenge Schriftformerfordernis des § 126 Abs. 1 BGB gilt. Dies macht es erforderlich, dass die Ablehnung des Teilzeitantrags durch den Arbeitgeber schriftlich abgefasst und eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet wird. Mangelt es an einer schriftlichen Ablehnung im Sinne dieser Bestimmungen, ist die Ablehnung nicht formwirksam mit der Folge, dass die gesetzliche Fiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG eintritt und sich die Arbeitszeit auch ohne ausdrückliche Zustimmung des Arbeitgebers im gewünschten Umfang verringert.

Was war passiert?

In seinem Urteil vom 27. Juni 2017 hatte sich das BAG mit einem Sachverhalt zu befassen, in dem der Arbeitgeber – eine große deutsche Fluggesellschaft – ein elektronisches System zur Beantragung von Arbeitszeitveränderungen eingeführt hatte, sog. „Requestverfahren“. Die Klägerin war bei der Beklagten als Flugbegleiterin und Purserette eingesetzt, zuletzt mit einem Arbeitszeitvolumen von ca. 51%. Nach Mutterschaft, Elternzeit und einem weiteren „Familienjahr“ beantragte sie eine weitere Reduzierung ihrer Arbeitszeit im elektronischen System der Beklagten auf 50%. Sie machte dabei zusätzlich einen Wunsch auf Freistellung in bestimmten Monaten geltend, den sie auf einen bei der Beklagten geltenden Tarifvertrag stützte. Hierfür gab sie zwei verschiedene Optionen zur Verteilung der Arbeitszeit an. Die Beklagte reagierte auf diesen elektronischen Antrag mit einem maschinell erstellten Schreiben vom 1. August 2014 und lehnte den Antrag der Klägerin ab. Die Klägerin machte daraufhin im gerichtlichen Verfahren eine Beschäftigung im beantragten Umfang und mit der Verteilung gemäß ihrem elektronischen Antrag geltend.

Das Arbeitsgericht wie die Klage ab. Das Hessische Landesarbeitsgericht gab der Klage insoweit statt, als dass sie die Feststellung umfasst, dass sich die Arbeitszeit der Klägerin im gewünschten Umfang reduziert hat. Hiergegen wendete sich die Beklagte im Revisionsverfahren.

Entscheidungsgründe

Das BAG gab der Klägerin vollumfänglich Recht und verurteilte die Beklagte zur Beschäftigung der Klägerin im gewünschten reduzierten Arbeitszeitumfang mit der beantragten Verteilung der Arbeitszeit. Es hielt dabei fest, dass der Antrag der Klägerin als Antrag auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit gemäß § 8 TzBfG zu verstehen gewesen sei. Die Beklagte habe den Antrag jedoch nicht rechtzeitig schriftlich abgelehnt, so dass sich die Arbeitszeit der Klägerin im gewünschten Umfang verringert habe, § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG. Das Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 1. August 2014 sei wegen eines Formmangels nichtig, da die Ablehnung des Verringerungsverlangens der Klägerin unter Einhaltung der Schriftform des § 126 BGB habe erfolgen müssen. Eine Ablehnung „in Textform“ (§ 126b BGB) sei nicht ausreichend, da die gesetzlichen Regelungen eine solche einschränkende Auslegung nicht stützten. Das maschinell erstellte, nicht unterzeichnete Schreiben der Beklagten genüge jedoch dem Schriftformerfordernis des § 126 BGB nicht, so dass die gesetzliche Fiktion der Zustimmung des Arbeitgebers eingetreten sei.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BAG vom 27. Juni 2017 orientiert sich am Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen des § 8 Abs. 5 TzBfG und macht noch einmal deutlich, wie wichtig die Einhaltung von Formvorschriften im Arbeitsrecht ist. Arbeitgebern, die Teilzeitanträge ihrer Arbeitnehmer ablehnen müssen, ist daher dringend zu empfehlen, Ablehnungsschreiben rechtzeitig und unter Berücksichtigung der anwendbaren Formvorschriften – also per Schreiben mit eigenhändiger Unterschrift – zu verfassen. Dies gilt z.B. auch für Anträge auf Teilzeit während der Elternzeit, die zusätzlich schriftlich zu begründen sind. Da die Ablehnung auch rechtzeitig erfolgen muss, sollten Arbeitgeber weiterhin darauf achten, dass sie den rechtzeitigen Zugang der Ablehnung beim Arbeitnehmer beweisen können. Andernfalls laufen sie Gefahr, dass die gesetzliche Zustimmungsfiktion greift und der Antrag des Arbeitnehmers im beantragten Umfang als genehmigt gilt.

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