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Haftung nach § 64 GmbHG bei Kenntniserlangung als Geschäftsführer der Muttergesellschaft

Dass die Haftung des Geschäftsführers für masseschmälernde Zahlungen einer insolvenzreifen GmbH nach § 64 GmbHG ein scharfes Schwert sein kann, ist seit Längerem bekannt – trotzdem ist zu dieser Vorschrift noch lange nicht alles gesagt und gibt es ständig neue Urteile, die sich mit der Haftung nach § 64 GmbHG befassen. So hat das OLG München (Urteil vom 05.10.2016, Az. 7 U 1996/16) entschieden, dass ein Geschäftsführer auch haftet, wenn er die Erkenntnisse über den Eintritt eines Insolvenzgrundes nur als Geschäftsführer der an der Gesellschaft beteiligten Muttergesellschaft gewonnen hat.

Das Gericht führte aus, dass es ausreiche, wenn der Geschäftsführer einer GmbH vor seiner Bestellung bereits als Geschäftsführer der Muttergesellschaft der GmbH tätig war und in dieser Eigenschaft Kenntnis über die wirtschaftliche Situation der Tochter-GmbH und deren Insolvenzreife erlangt habe. In diesem Fall habe er nicht nur die Pflicht, masseschmälernde Zahlungen selbst zu unterlassen, sondern zudem auch die Pflicht, masseschmälernde Zahlungen der GmbH durch andere Zeichnungsbefugte zu verhindern.

Konstellationen, in denen der Geschäftsführer von Mutter- und Tochtergesellschaft identisch ist, sind keine Seltenheit; zu denken sei nur an Fälle, in denen in der Tochtergesellschaft ein geeigneter Geschäftsführer fehlt und die Muttergesellschaft zur Vermeidung einer Führungslosigkeit zwischenzeitlich ihren eigenen Geschäftsführer einsetzt. Geschäftsführern ist in diesem Fall zur Vorsicht zu raten, da ihnen nunmehr Kenntnisse zum Nachteil gereichen können, die sie bereits vor ihrer Bestellung zum Geschäftsführer der insolvenzreifen GmbH als Geschäftsführer der Muttergesellschaft erlangt haben. Denkbar ist insbesondere, dass eine Kenntnis über eine etwaige Überschuldung aus den Jahresabschlüssen der Tochtergesellschaft herrührt, welche die Muttergesellschaft (vertreten durch ihren Geschäftsführer) als Gesellschafterin regelmäßig feststellt.

Auch andere leitende Angestellte von Muttergesellschaften, die zu einem späteren Zeitpunkt als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft eingesetzt werden, sollten sich der Problematik bewusst sein – denn obgleich es so noch nicht entschieden wurde, ist davon auszugehen, dass auch solchen Personen Kenntnisse aus der Muttergesellschaft bei der späteren Geschäftsführungstätigkeit zugerechnet werden.

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