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BGH zur rechtlichen Einheit zwischen Anteilsübertragung und Treuhandvertrag

Ein Anteilsübertragungsvertrag kann mit einem Treuhandvertrag eine wirtschaftliche Einheit bilden. Lehnen die Beteiligten die erforderliche Beurkundung des Treuhandvertrags jedoch ab und lassen die Anteilsübertragung gleichwohl beurkunden, berührt die Formnichtigkeit des Treuhandvertrags die Wirksamkeit der Übertragung nicht.

Ein komplizierter Sachverhalt

So hat der BGH jüngst entschieden. Der Entscheidung lag ein recht komplizierter Sachverhalt zugrunde: Der Eigentümer dreier Grundstücke wollte diese in eine GmbH einbringen. Er selbst war an der GmbH nur mittelbar beteiligt, Gesellschafter war ein Treuhänder, der die GmbH-Anteile für den Eigentümer der Immobilien hielt. In der Folge übertrug der Treugeber seine drei Grundstücke auf die GmbH. Als sein Treuhänder in gesundheitliche Schwierigkeiten geriet, bat der Treugeber seinen Steuerberater, den Geschäftsanteil von dem bisherigen Treuhänder zu übernehmen und diesen künftig treuhänderisch für ihn, seinen Mandanten als Treugeber, zu halten.

Bei der notariellen Beurkundung der Übertragung des Geschäftsanteils vom alten Treuhänder auf den Steuerberater war auch der Treugeber zugegen. Der Notar wies darauf hin, dass nicht nur die Anteilsübertragung, sondern auch der Treuhandvertrag zwischen dem Treugeber und dem Steuerberater beurkundet werden müsse. Der Treugeber meinte jedoch, der Vertrag mit dem bisherigen Treuhänder sei auch nicht beurkundet gewesen. Aufgrund der jahrelangen Zusammenarbeit vertraue er seinem Steuerberater, man verzichte daher auf die Beurkundung.

Dieses Vertrauen wurde jedoch enttäuscht. Kurz nach der Übertragung des Geschäftsanteils bestellte sich der Steuerberater selbst zum Geschäftsführer der GmbH und übertrug kraft des selbstverliehenen Amtes die drei Grundstücke von der GmbH an seine Ehefrau. Daraufhin fochten der Treugeber und der alte Treuhänder sowohl die Übertragung der Grundstücke an die Ehefrau, als auch die Übertragung des Geschäftsanteils auf den Steuerberater wegen arglistiger Täuschung an. Die GmbH verlangte nun von dem Urkundsnotar die Kosten, die ihr durch die Rechtsverfolgung gegen den Steuerberater und seine Ehefrau entstanden sind. Sie ist der Auffassung, der Notar habe auf der Beurkundung der Treuhandabrede bestehen oder sich weigern müssen, die Anteilsübertragung zu beurkunden.

Eine (unvollständige) Entscheidung

Der BGH hat in seinem Urteil vom 22. September 2016 (Az. III ZR 427/15) eine Amtshaftung des beklagten Notars verneint. Eine Amtspflicht habe dieser nämlich nicht verletzt. Zwar dürfe ein Notar nicht sehenden Auges ein nichtiges Geschäft beurkunden; die Übertragung des Geschäftsanteils sei jedoch gerade nicht nichtig. Die Treuhandabrede zwischen dem Treugeber und seinem Steuerberater hätte zwar ebenfalls beurkundet werden müssen und sei daher formnichtig. Dies lasse die Wirksamkeit der Anteilsübertragung jedoch unberührt, da die beiden Geschäfte – Anteilsübertragung und Treuhandabrede – wohl eine wirtschaftliche, nicht aber eine rechtliche Einheit bildeten. Eine solche sei nur anzunehmen, wenn das eine Geschäft nicht ohne das andere gewollt sei, die äußerlich getrennten Rechtsgeschäfte also miteinander stehen und fallen sollen. Das Berufungsgericht als Vorinstanz habe eine solche rechtliche Einheit widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze nicht angenommen. Trotz des Hinweises des Beklagten hätten die Parteien auf eine Beurkundung der Treuhandabrede verzichtet. Das rechtfertige den Schluss, dass sie eine rechtliche Einheit nicht beabsichtigten.

Eine kritische Bemerkung

Was der BGH zur (fehlenden) rechtlichen Einheit der beiden Verträge ausführt, überzeugt. Viele Verträge werden mit Blick auf einen anderen Vertrag geschlossen. Die beiden Verträge bilden dann eine wirtschaftliche Einheit. Wird z.B. eine Kücheneinrichtung in Erwartung des Abschlusses eines Wohnungsmietvertrags vom Vormieter gekauft und scheitert dann die Vermietung am Unwillen des Vermieters, ist damit nicht automatisch der Kaufvertrag hinsichtlich der Küche hinfällig. Sofern die Vertragsparteien jedoch das Schicksal der Verträge voneinander abhängig machen wollen, können zwei rechtlich an sich selbständige Geschäfte zu einem einheitlichen Rechtsgeschäft verbunden werden. Eine ausdrückliche Regelung ist dafür nicht erforderlich, es genügt, wenn die Vertragsparteien mit sog. Einheitlichkeitswillen handeln. Das kann bei mehreren Verträgen zwischen denselben Vertragsparteien ebenso wie bei Verträgen einer Partei mit jeweils unterschiedlichen Vertragspartnern der Fall sein. Ergibt die Auslegung, dass mehrere Verträge ein einheitliches Rechtsgeschäft bilden, so führt die Nichtigkeit des einen dann auch zur Nichtigkeit des anderen Vertrags. Im entschiedenen Fall konnten die Gerichte aufgrund der eindeutigen Äußerungen des Treugebers allerdings davon ausgehen, dass eine derartige Einheitlichkeit zwischen der beurkundeten Anteilsübertragung und der formnichtigen Treuhandabrede tatsächlich nicht gewollt war.

Die Frage nach der rechtlichen Einheit der beiden Verträge war jedoch in die Frage eingebettet, ob der beurkundende Notar eine Amtspflicht verletzt hat. Das hat der BGH verneint, was jedoch nur „die halbe Wahrheit“ ist. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Notar nur darüber belehrt, dass auch der Treuhandvertrag als solcher hätte beurkundet werden müsse. Der Treuhandvertrag enthält nämlich stets, wenn auch nicht ausdrücklich, die Vereinbarung, dass das Treugut am Ende an den Treugeber rückübertragen werden muss. Da die Pflicht zur (Rück-)Übertragung von GmbH-Anteilen aber nur notariell wirksam vereinbart werden kann, muss ein GmbH-Treuhandvertrag stets beurkundet werden. Darüber hatte der Notar zwar belehrt. Der Notar hätte jedoch auch darüber aufklären müssen, dass die Formnichtigkeit des nicht beurkundeten Treuhandvertrags Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Übertragung haben könnte, wenn die beiden Verträge nach dem Willen der Parteien eine Einheit bilden. Denn so ließ es der Notar auf die spätere Einschätzung des Gerichts ankommen: Hätte das Gericht später festgestellt, dass die beiden Verträge eine Einheit bilden, hätte die Anteilsübertragung trotz notarieller Beurkundung das Schicksal des formnichtigen Treuhandvertrags geteilt und wäre ebenfalls nichtig!

Der Notar hat die Pflicht, den „wahren“ Willen der Beteiligten zu erforschen. Ihren „wahren“ Willen können sich die regelmäßig juristisch nicht sachkundigen Beteiligten aber regelmäßig erst bilden, wenn der Notar sie auch über die rechtliche Tragweite des geplanten Geschäfts aufgeklärt hat. Erst dann kann der Notar (ein weiteres Mal) ihren Willen ermitteln. Mit anderen Worten: Es ist nicht auszuschließen, dass die Beteiligten sich für eine Beurkundung auch des Treuhandvertrags entschieden hätten, wenn der Notar sie über die Möglichkeit bzw. die Gefahr einer rechtlichen Einheit mit dem Anteilsübertragungsvertrag belehrt hätte.

Der gesamte Rechtsstreit hätte vermutlich vermieden werden können, wenn der Notar in der Urkunde zur Anteilsübertragung vermerkt hätte, dass die Übertragung nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien keine rechtliche Einheit mit einer etwaigen sonstigen Abrede des Steuerberaters als Übertragungsempfängers bilden sollte. Es ist ratsam, dies generell bei der Formulierung von Verträgen zu beachten, die einer notariellen Beurkundung bedürfen und die nur wirtschaftlich, aber nicht rechtlich mit einem anderen Vertrag verbunden ein sollen. Sonst hängt am Ende die Wirksamkeit des beurkundeten Vertrages allein von der tatrichterlichen Einschätzung der Umstände des Einzelfalls ab.

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