Prof. Dr. F. Christian Genzow, Vertriebsrecht

Risiko für VW Partner: Ausschluss von Mängelrechten

Die VW-Abgasaffäre hat es zum brisanten Thema gemacht – aber VW hat trotz Aufforderung bis heute keine Stellung bezogen. Das ist für den Handel nicht ungefährlich.

Die kaufmännische Rügepflicht

Wenn es sich – wie zwischen VW und dem Händler – um ein Handelsgeschäft handelt, hat der Käufer die Ware unverzüglich gem. § 377 Abs. 1 HGB zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Käufer unverzüglich Anzeige zu machen. Tut er das nicht, gilt gem. § 377 Abs. 2 HGB die Ware als genehmigt; die Rechte des Käufers wegen dieses Mangels sind damit ausgeschlossen. Handelt es sich um einen versteckten Mangel, muss die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden, § 377 Abs. 3 HGB.

Soweit es sich also um VW-Fahrzeuge mit Motoren handelt, die eine Abgasproblematik aufweisen, muss der VW-Partner handeln: Er muss den Mangel gegenüber dem Werk unverzüglich anzeigen. Unverzüglich heißt ohne schuldhaftes Zögern; die Rechtsprechung variiert hier je nach Umstand zwischen 1 und 3 Tagen.

Da die Mängel – naturgemäß – bei VW bekannt sind, wurde verschiedentlich – auch über den Händlerverband – angefragt, ob man nicht auf eine solche Mängelanzeige wegen der doch schon bekannten Mängel verzichten könne. Es steht bis heute eine Antwort dazu von VW aus. VW kann sich also darauf zurückziehen, dass der Partner den Mangel „genehmigt“ hat – und der Partner steht dann allein da, mit den Ansprüchen, wenn er von seinem Kunden verklagt wird. Das ist gewiss kein partnerschaftliches Verhalten – aber es fehlt eben bis heute eine klare Erklärung des VW-Werkes. Deswegen kann nur jedem geraten werden, vorsorglich bei jedem eintreffenden Neufahrzeug eine Mängelanzeige an das Werk zu senden.

Kenntnis des Käufers

§ 442 BGB besagt, dass die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen sind, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann er die Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

Bestellt der VW-Partner bei dem Werk ein Fahrzeug, dessen Lieferung ihm vom Werk bestätigt wird, kommt der Kaufvertrag zustande. Weiß er zu diesem Zeitpunkt um die Abgasproblematik bei dem Motor des jeweils bestellten Fahrzeuges, hat dies zur Folge, dass seine Ansprüche gegenüber dem Werk für dieses Fahrzeug ausgeschlossen sind. Er riskiert damit, dass er im Falle eines späteren Verkaufs an einen Endkunden ggf. das Fahrzeug durch Rücktritt vom Vertrag wieder auf dem Hof hat, ohne irgendwelche Ansprüche gegen das Werk zu haben. Deswegen war auch insoweit bei VW angefragt worden, ob das Werk auf die Einrede aus § 442 BGB verzichte. Bis heute gibt es auch hierzu keine Antwort.

Nun könnte man ja meinen, das Ganze sei nicht so tragisch, weil auch dem Kunden die Abgasproblematik bekannt sei. Allerdings geht die Rechtsprechung von der höchstmöglichen Naivität eines Kunden aus, so dass sehr fraglich ist, ob die Ansprüche des Kunden wegen dieses Mangels auch gemäß § 442 BGB ausgeschlossen sind: das ist jedenfalls keineswegs gesichert.

Solange also das VW-Werk eine entsprechende Erklärung nicht herausgibt, ist es empfehlenswert, kein Fahrzeug mit einem Motor zu bestellen, bei dem die Abgasproblematik bekannt ist. Sonst bleibt der Händler möglicherweise auf Ansprüche des Kunden bis hin zum Rücktritt vom Vertrag und Schadensersatzansprüchen vom Rückgriff gegenüber dem Hersteller ausgeschlossen. Die von VW gegebene Garantie hilft dem Händler nicht, denn in den Garantiebedingungen sind Minderung, Rücktritt Vertrag und Schadensersatzanspruch ausgeschlossen.

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