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Illegale Grauimporte – Alles eine Frage der Erschöpfung

Grauimporte von Original-Markenware bleiben ein heißes Eisen. Die häufigen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Markenherstellern und den Grauimport-Händlern rücken die Frage der markenrechtlichen Erschöpfung immer wieder in den Blickpunkt.

Für Händler und Kunden ist oftmals nur schwer zu verstehen, was genau den Unterschied zwischen legaler und illegaler Importware ausmacht. Die pauschale Bezeichnung als "Grauimport" oder "Parallelimport" stiftet nur weitere Verwirrung. Allgemein gesprochen geht es dabei nicht um den Import von Plagiaten, sondern den Import von authentischer Markenware aus einem anderen Land, in dem der Hersteller seine Ware günstiger verkauft als in Deutschland bzw. in der EU. Diese Ausnutzung des Preisgefälles über Ländergrenzen hinweg ist jedoch nicht per se verboten.

Dreh- und Angelpunkt für das Verständnis dieses Phänomens ist der Begriff der sog. "markenrechtlichen Erschöpfung". Die Erschöpfung ist in erster Linie ein Instrument der Marktliberalisierung, das einen freien Handel mit Markenware überhaupt erst ermöglichen soll. Denn ohne die Erschöpfung wäre jeder Verkauf einer Markenware eine Markenverletzung, wenn der Markeninhaber diesem Verkauf nicht vorher ausdrücklich zugestimmt hat. Folglich dürften ohne die Erschöpfungsregel nur solche Händler die Markenware verkaufen, denen der Hersteller eine "Verkaufslizenz" eingeräumt hat. Die Regelung der Erschöpfung beruht daher zunächst auf einer politischen Entscheidung, den Markeninhabern die Möglichkeit zu nehmen, den Vertrieb ihrer Produkte über alle Handelsstufen hinweg bis zum Endkunden zu kontrollieren.

Etwas verkürzt gesagt bedeutet Erschöpfung, dass der Markeninhaber die markenrechtliche Kontrolle über den weiteren Vertrieb seines Markenproduktes in dem Moment verliert, in dem er das einzelne Produkt innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr bringt. Sein Markenrecht an der Ware ist dann "erschöpft". Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) umfasst über die Länder der EU hinaus auch Island, Norwegen, und Liechtenstein. Bildlich gesprochen stellt sich die Frage: In welchem Land hat der Hersteller das jeweilige Markenprodukt erstmals aus der Hand gegeben?

Es kommt somit immer nur auf den Ort an, wo der Hersteller sein Markenprodukt an den allerersten Händler oder Kunden ausliefert. Liegt dieser Lieferort in einem Land des EWR, tritt für den ganzen EWR die Erschöpfung ein. Ab diesem Zeitpunkt kann das Markenprodukt innerhalb des EWR von jedem Händler über beliebig viele Handelsstufen legal weiterverkauft werden. Das schließt sogar das Recht des Händlers ein, die Marke dazu zu benutzen, für sein Angebot des erschöpften Markenproduktes Werbung zu treiben.

Die Kehrseite der Medaille steckt jedoch in der Beschränkung auf die Länder des EWR: Hat der Markeninhaber das konkrete Produkt außerhalb des EWR ausgeliefert, so tritt hier keine Erschöpfung ein. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Ware zuvor in einem EWR-Land produziert wurde. Wird dieses nicht-erschöpfte Produkt danach von außerhalb des EWR etwa nach Deutschland (re)importiert, verletzt jeder weitere Handel mit dieser Ware das Markenrecht des Herstellers. Das gilt sogar für die gesamte Lebensdauer der Ware, sodass auch der Handel mit nicht-erschöpften Gebrauchtwaren unzulässig bleibt.

Die Konsequenzen für Unternehmen, die nicht-erschöpfte Markenprodukte einkaufen, sind mitunter drastisch. Über die Kosten der Abmahnung und eines eventuellen Gerichtsprozesses hinaus kommt es häufig sogar zur Beschlagnahme und zur ersatzlosen Verschrottung der Ware. All das droht auch dann, wenn man von der Herkunft der Ware gar nichts wusste und gutgläubig der Meinung war, es handele sich um "legale" EU-Ware. Wenn der Unternehmer hingegen sogar wusste, dass die Ware nicht für den EWR bestimmt war, dann droht ihm über diese zivilrechtlichen Folgen hinaus gegebenenfalls sogar ein Strafverfahren wegen vorsätzlicher Markenverletzung; im schlimmsten Fall kann ihm dann sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren drohen.

Unternehmen auf allen Handelsstufen sollten sich daher für das Thema der illegalen Importwaren sensibilisieren und proaktive Maßnahmen ergreifen, um Konflikte mit dem Markenrecht zu vermeiden.

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