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Wann haftet der GmbH Geschäftsführer für unternehmerische Entscheidungen?

GmbH-Geschäftsführern steht bei unternehmerischen Entscheidungen ein haftungsfreier Ermessensspielraum zu (Business Judgement Rule). Geschäftsführer die Alleingesellschafter sind, haften auch bei gegen die Business Judgement Rule verstoßenden Geschäften nur, wenn dies eine Liquiditäts- oder Existenzgefährdung der Gesellschaft auslöst oder der Gesellschaft Stammkapital entzogen wird.

Hintergrund

Das OLG Koblenz hatte folgenden Fall zu entscheiden (Urteil vom 23.12.2014, Az. 3 U 1544/13): Der Insolvenzverwalter einer GmbH nahm die alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer wegen Verletzung ihrer Pflichten auf Schadensersatz in Anspruch. Die Geschäftsführer hatten veranlasst, dass die Insolvenzschuldnerin eine Geschäftsbeziehung mit einer anderen Gesellschaft, der I-GmbH, unterhielt. Die I-GmbH bot den Geschäftsführern die Lieferung von Fahrzeugen mit einem Preisnachlass von 30 % auf den Bruttolistenpreis an, wobei jedoch bereits bei jedem Vertragsschluss eine Anzahlung von 30 bis 50 % des Brutto-Listenpreises geleistet werden musste. Die Lieferung der Fahrzeuge sollte erst später erfolgen. Sicherheiten für die Anzahlungen bestanden nicht und wurden von den Geschäftsführern auch nicht verlangt. Innerhalb eines Zeitraumes von ca. zwei Monaten wurden auf diesem Weg Anzahlungen in Höhe von rund 160.000 EUR an die I-GmbH geleistet.

Infolge der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der I-GmbH verlor die GmbH sämtliche Anzahlungen und auch die Fahrzeuge wurde nicht mehr geliefert. Diesen Schaden machte der Insolvenzverwalter geltend, nachdem die GmbH selbst in die Insolvenz gefallen war.

Die Entscheidung des OLG Koblenz

Das OLG Koblenz hat eine Haftung der Geschäftsführer verneint. Bei unternehmerischen Entscheidungen stehe den Geschäftsführern im Rahmen des Unternehmensgegenstands grundsätzlich ein haftungsfreier Handlungsspielraum zu. Schlage ein Geschäft fehl und werde die Gesellschaft hierdurch geschädigt, sei eine Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG ausgeschlossen, soweit die Geschäftsführer ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt haben. Ob das Ermessen fehlerfrei ausgeübt wurde, sei aus damaliger Sicht (ex-ante-Perspektive) zu bestimmen. Ergebe sich danach, dass die vom Geschäftsführer eingeholten Informationen als Entscheidungsgrundlage unzureichend sind, komme eine Haftung in Betracht. Vorliegend nahm das OLG Koblenz an, dass es sich bei den Geschäften mit der I-GmbH um ein Risikogeschäft handele, das selbst aus damaliger Sicht mit den erlaubten Risiken eines ordentlichen Kaufmanns nicht zu vereinbaren gewesen sei. An sich hafteten die Geschäftsführer also nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Trotz dieser Pflichtverletzung würden die Gesellschafter-Geschäftsführer vorliegend aber nicht haften, weil sie der GmbH kein Vermögen entzogen hatten, das zur Deckung des Stammkapitals benötigt wurde. Erst das Stammkapital beeinträchtigende existenzvernichtende Eingriffe könnten eine Haftung der Gesellschafter-Geschäftsführer begründen. Reine Managementfehler genügen jedoch nicht, da die Gesellschafter-Geschäftsführer insoweit sich nur selbst schädigen würden.

Praxishinweis

Das Urteil stellt die Haftung des GmbH-Geschäftsführers nachvollziehbar dar. Deutlich wird insbesondere, dass GmbH-Geschäftsführern ein relativ weiter Handlungsspielraum zugestanden wird. Dies ist auch zwingend erforderlich. Der GmbH Geschäftsführer muss im Rahmen des jeweiligen Unternehmensgegenstandes geschäftliche Entscheidungen treffen können, deren Auswirkungen auf die Gesellschaft nicht immer eindeutig sind. Ein gewisses Risiko kann ein Geschäftsführer immer eingehen.

Um sich abzusichern, sollten Geschäftsführer sich insbesondere vor riskanten Entscheidungen ausreichend informieren und dies dokumentieren. Denn sollte es einmal auf die Frage ankommen, ob die Ermessensausübung fehlerhaft war oder nicht, ist die ex ante Perspektive und damit die Frage entscheidend, ob sich der Geschäftsführer zum maßgeblichen Zeitpunkt ausreichend informiert hatte. Hierfür trägt allein der Geschäftsführer die Beweislast.

Eine Haftungsprivilegierung besteht aber für Gesellschafter-Geschäftsführer. Soweit die alleinigen Gesellschafter mit den Geschäftsführern identisch sind und einvernehmlich Vermögen entziehen, kommt eine Haftung trotz fehlerhaft ausgeübter Ermessensentscheidung nur bei existenzgefährdenden Eingriffen oder Verstößen gegen die Kapitalerhaltung in Betracht. Solange das Stammkapital durch die Handlung nicht gefährdet wird, haften die Gesellschafter-Geschäftsführer dagegen nicht nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Das lässt sich damit begründen, dass sie einen entsprechenden Betrag auch an sich als Gesellschafter hätten ausschütten können. Sobald aber Fremdgesellschafter beteiligt sind, gibt es diese Privilegierung nicht, und die Geschäftsführer haften für sämtliche Schäden.

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