Dr. Barbara Mayer, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

Rechtliche Neuerungen 2016

Auf Unternehmen kommen 2016 wieder einige rechtliche Neuerungen zu. Dies sind die wichtigsten Änderungen:

Aktienrechtsnovelle 2016

Für Aktiengesellschaften und deren Aktionäre werden voraussichtlich im Laufe des Jahres die Neuerungen der im November 2015 vom Bundestag beschlossenen Aktienrechtsnovelle in Kraft treten. Im Bundesrat wird das Gesetz am 18.12.2015 behandelt, ein Einspruch gilt bei Redaktionsschluss als unwahrscheinlich, nachdem die Kontrolle von Vorstandsgehältern durch die Aktionäre, die beim letzten Anlauf noch zu einem Scheitern der Reform am Widerstand des Bundesrates geführt hatte, nicht mehr vorgesehen ist. Künftig besteht größere Flexibilität bei der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft. Sie muss nur noch dann durch drei teilbar sein, wenn das aus Gründen der Arbeitnehmermitbestimmung erforderlich ist, d.h. bei Aktiengesellschaften, die mehr als 500 Arbeitnehmer haben und damit dem Drittelbeteiligungsgesetz unterfallen. Die Mindestanzahl von drei Aufsichtsratsmitgliedern bleibt aber für alle Aktiengesellschaften bestehen. Neu ist auch die Möglichkeit, bei stimmrechtslosen Vorzugsaktien die zwingende Nachzahlbarkeit der Vorabdividende auszuschließen. Das ermöglicht die v.a. für Finanzinstitute wichtige Anerkennung als Kernkapital. Wie bisher lebt allerdings das Stimmrecht der Vorzugsaktionäre auf, wenn der vereinbarte Vorzugsbetrag (i.d.R. eine Mehr- oder Zusatzdividende) nicht gezahlt wurde. Eine weitere Neuerung besteht darin, dass Wandelschuldverschreibungen nicht nur vom Gläubiger, sondern auch von der Gesellschaft selbst in Aktien umgetauscht werden können.

Frauenquote

Für börsennotierte und zugleich paritätisch mitbestimmte Aktiengesellschaften gilt seit diesem Jahr eine feste Geschlechterquote von 30% für den Aufsichtsrat. Die Quote ist bei allen Aufsichtsratswahlen zu beachten, die nach dem 01.01.2016 abgeschlossen werden. Solange ein Geschlecht - de facto die Frauen - mit weniger als 30% im Aufsichtsrat vertreten ist, können nur Angehörige dieses Geschlechts in den Aufsichtsrat gewählt werden. Die Wahl eines Vertreters des bereits überrepräsentierten Geschlechts wäre nichtig; der betreffende Sitz im Aufsichtsrat bliebe leer. Von der Neuregelung nicht betroffen sind bestehende Mandate; sie können zu ihrem regulären Ende auslaufen. Schon seit Ende September 2015 müssen alle Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmt sind, Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Management-Ebenen festlegen, über deren Erreichung sie öffentlich berichten müssen. Ob die Zielvorgaben erreicht werden, dürfte sich in den meisten Fällen erst im Laufe des Jahres 2017 zeigen, denn bis Ende 2017 durften sich die Unternehmen bei der erstmaligen Festlegung der Ziele maximal Zeit geben.

Erweiterung der Korruptionsstrafbarkeit

Bereits seit dem 26.11.2015 gilt sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Bereich eine erweiterte Strafbarkeit von Korruption. So sind jetzt Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung auch bei EU-Beamten und EU-Richtern strafbar sowie Bestechung und Bestechlichkeit, d.h. Schmiergeldzahlungen im Hinblick auf eine konkrete Amtshandlung, bei ausländischen Amtsträgern. Insbesondere die grenzüberschreitende Korruption soll dadurch eingedämmt werden. Außerdem ist Korruption in der privaten Wirtschaft, z.B. Schmiergeldzahlungen an Mitarbeiter von Kunden, jetzt auch dann - für beide Seiten - strafbar, wenn es nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt, der bestochene Arbeitnehmer aber Pflichten gegenüber seinem Arbeitgeber verletzt. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass solche Verhaltensweisen künftig häufiger bestraft werden. Die Gesetzesänderung dient der Anpassung an EU-Vorgaben.

Bürokratieerleichterungen für kleine Unternehmen und Existenzgründer

Das zum 01.01.2016 in Kraft getretene Bürokratieentlastungsgesetz bringt für kleinere Unternehmen Erleichterungen bei der Buchführungspflicht. Betriebe, die unter den maßgeblichen Schwellenwerten liegen, können ihren Gewinn durch eine einfache Einnahme-Überschussrechnung ermitteln. Die Schwellenwerte wurden zum Jahreswechsel von 500.000 EUR auf 600.000 EUR (Jahresumsatz) und von 50.000 EUR auf 60.000 EUR (Gewinn) erhöht. Außerdem wurden für Melde- und Auskunftspflichten aufgrund verschiedener Wirtschaftsstatistikgesetze ebenfalls Schwellenwerte eingeführt bzw. angehoben, so dass diese jetzt allgemein erst ab einem Jahresumsatz von 800.000 EUR gelten. Das betrifft u.a. Meldepflichten nach dem Umweltstatistikgesetz, dem Gesetz über Kostenstrukturstatistik, dem Dienstleistungsstatistikgesetz, dem Gesetz über die Statistik im Produzierenden Gewerbe, dem Handelsstatistikgesetz, dem Beherbergungsstatistikgesetz, dem Gesetz über die Preisstatistik und dem Verdienststatistikgesetz. Für Existenzgründer entfällt die Meldepflicht im Jahr der Existenzgründung grundsätzlich. Dabei kann jede natürliche Person, die eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt, Existenzgründer sein, unabhängig davon ob es sich dabei um eine Neugründung oder eine Übernahme handelt. Allerdings müssen bei der Gründung einer Gesellschaft alle Gesellschafter Existenzgründer sein, um sich auf die Befreiung von der Auskunftspflicht berufen zu können.

Änderungen im Meldeverfahren für Arbeitgeber

Arbeitgeber müssen regelmäßig sozialversicherungsrelevante Daten ihrer Mitarbeiter an die Sozialversicherungsträger melden. Dabei kann es durch zwischenzeitliche Änderungen oder fehlerhafte Angaben zu Abweichungen im Datenbestand kommen. Dem soll ab 2016 durch einheitliche Bestandsprüfungen entgegen gewirkt werden. Die Einzugsstellen werden verpflichtet, die Meldungen der Arbeitgeber innerhalb von drei Arbeitstagen an die betreffenden Sozialversicherungsträger weiter zu leiten, wobei alle Empfänger der Daten Bestandsprüfungen durchzuführen haben. Stimmt die Meldung des Arbeitgebers nicht mit dem Datenbestand des Sozialversicherungsträgers überein, ist die Meldung zurückzuweisen und muss korrigiert werden. Dadurch soll der Datenbestand der Sozialversicherungsträger mit dem Datenbestand im Entgeltprogramm bei den Arbeitgebern vereinheitlicht werden. Die Bestandsprüfungen betreffen folgende Meldeverfahren: Entgeltbescheinigungen zur Berechnung von Sozialleistungen und Mitteilungen über Vorerkrankungen, Meldungen für Arbeitnehmer einschließlich Jahresmeldung, Beitragsnachweise, Meldungen bei Versorgungsbezügen sowie Erstattungsanträge nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG). Außerdem müssen die unfallversicherungsrelevanten Daten jetzt bis zum 16. Februar des Folgejahres in einer „besonderen Jahresmeldung zur Unfallversicherung" (UV-Jahresmeldung) pro Arbeitnehmer gemeldet werden, wodurch das Verfahren bei den Arbeitgebern vereinfacht wird. Denn: Im Antragsverfahren auf Erstattung nach dem AAG müssen die Krankenkassen den Arbeitgebern Abweichungen zwischen dem von ihnen festgestellten Erstattungsbetrag und dem ursprünglichen eingeforderten Erstattungsbetrag jetzt maschinell mitteilen.

Strengere energetische Standards für Neubauten

Ab 2016 gelten gemäß Energieeinsparverordnung (EnEV) strengere energetische Standards für Neubauten. Der maximal zulässige Jahresprimärenergiebedarf, also die Menge an Energie, die ein Gebäude für Heizung und Warmwasser innerhalb eines durchschnittlichen Jahres benötigen darf, wird um 25 Prozent verringert. Hinzu kommen strengere Vorschriften zur Dämmung. Der maximal erlaubte, mittlere Wärmeverlust durch die Gebäudehülle sinkt um durchschnittlich 20 Prozent. Hallenbauten mit einer Raumhöhe über 4 Meter sind ausgenommen, wenn sie durch dezentrale Gebläse- oder Strahlungsheizungen beheizt werden. Werden die Vorgaben nicht erfüllt, erhalten Bauherren keine Baugenehmigung mehr. Die verschärften Regelungen gelten, unabhängig vom tatsächlichen Baubeginn, für alle Bauanträge bzw. -anzeigen, die ab dem 01.01.2016 beim zuständigen Bauamt eingehen.

Neue Abgasregelungen für Kraftfahrzeuge

Gleich zwei Änderungen zur Kontrolle der CO2-Emissionen gelten ab 2016, die insbesondere für Fahrzeughersteller und -händler relevant sind. Zum einen wurde die Formel für die Berechnung der zulässigen Emissionen neuer Fahrzeugtypen angepasst. Fahrzeuge, die den neuen Werten nicht entsprechen, werden für den Straßenverkehr nicht zugelassen. Außerdem erhalten Fahrzeughersteller von 2016 bis 2019 keine sog. Super-Credits für den Bau von Elektro-Fahrzeugen mehr, d.h. können sich diese nicht mehr mehrfach auf ihre CO2-Bilanz anrechnen lassen - und so den Ausstoß ihrer übrigen Fahrzeuge ausgleichen. Diese Regelung war von Umweltverbänden kritisiert worden, weil dadurch lediglich auf dem Papier eine saubere Flotte erzeugt, der reale CO2 Ausstoß aber nicht reduziert werde.

Sichere Zahlung im Onlineshop

Wer im Internet Leistungen oder Produkte gegen Entgelt anbietet, sollte sich mit den bereits seit November 2015 gelten neuen Sicherheitsregeln der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) für das Bezahlen vertraut machen. Danach sind Zahlungsdienstleister im Internet dazu verpflichtet, ab einem Zahlbetrag von 30 Euro die Identität des Käufers auf zwei Wegen zu prüfen. Diese Prüfung kann zum Beispiel aus der Abfrage eines Passwortes und zusätzlich einer TAN-Nummer, die ans Handy geschickt wird, bestehen. Alternativ kann z.B. auch ein Fingerabdruck-Scan mit einer weiteren Prüfmethode kombiniert werden. Betroffen sind Zahlungen per Kreditkarte, Lastschriftverfahren, aber auch Überweisungen, etwa über Giro- oder Postpay und Sofortüberweisungen. Ausgenommen sind Käufe auf Rechnung. Die neuen Regeln machen das Bezahlen im Online-Shop sicherer, aber auch umständlicher. So genügt z.B. bei Zahlung per Kreditkarte nicht mehr die bloße Eingabe der Karten- und der Prüfnummer.

Neues im Insolvenzanfechtungsrecht

Noch nicht in Kraft, aber voraussichtlich im Lauf der ersten Jahreshälfte zu erwarten sind einige der im Regierungsentwurf vom 29.09.2015 enthaltenen Neuerungen bei der Insolvenzanfechtung. So ist insbesondere mit einer Herabsetzung der derzeit 10 Jahre betragenden Anfechtungsfrist bei der Vorsatzanfechtung zu rechnen. An der von der Rechtsprechung entwickelten Vermutung, dass der andere Teil bei Vereinbarung von (Raten-) Zahlungsvereinbarungen Kenntnis von einer Zahlungsunfähigkeit hatte, die der Regierungsentwurf genau umkehren will, möchte der Bundesrat aber offenbar festhalten. Auch über den Ausschluss der Vorsatzanfechtung bei Bargeschäften scheint nach der Kritik des Bundesrates das letzte Wort im Gesetzgebungsverfahren noch nicht gesprochen.

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