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Neues aus dem Arbeitsrecht

Das Bundeskabinett hat zum Jahresende 2014 noch einige Gesetzgebungsvorhaben auf den Weg gebracht, und einige Neuerungen im Bereich des Arbeitsrechts sind bereits in Kraft getreten. Es geht um Mindestlohn, Tarifeinheit und die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf. Die wichtigsten Neuerungen fassen wir nachfolgend zusammen.

1.    Mindestlohn

Zum 01.01.2015 ist das Gesetz zur Regelung des allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz „MiLoG") in Kraft getreten. Damit wird ein flächendeckender und weitgehend branchenunabhängiger gesetzlicher Mindestlohn gewährt.

Dieses Gesetz findet auf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sowie Praktikantinnen und Praktikanten im Sinne des § 26 des Berufsbildungsgesetzes Anwendung, es sei denn sie sind gemäß § 22 MiLoG vom Anwendungsbereich ausgenommen. Das neue Gesetz wirft zahlreiche Fragen auf, die Unternehmen vor ungeahnte Herausforderungen stellt und stellen wird.

Ein zentrales Problem ergibt sich bereits bei der Ermittlung des Mindestlohns. Hierbei ist insbesondere zu prüfen, welche Gehaltsbestandteile auf den Betrag von 8,50 EUR brutto anzurechnen sind. Insbesondere mit Blick auf Provisionen, Boni, Sonderleistungen wie Gratifikationen etc. wird ein Umdenken und teilweise eine Neugestaltung der Arbeitsverträge erforderlich werden. Jährliche Einmalzahlungen etwa können nicht fiktiv auf den Monat heruntergebrochen werden, sondern müssten tatsächlich monatlich an die Arbeitnehmer ausbezahlt und entsprechend auf den Mindestlohn umgelegt werden. Die Ermittlung des Stundenlohns kann insbesondere auch bei von den üblichen Voll- und Teilzeittätigkeiten abweichenden Arbeitszeitmodellen problematisch sein. Das Gehalt muss nach dem Gesetz jeweils monatlich gesondert ermittelt werden. Dies betrifft auch geringfügig Beschäftigte, deren Arbeitsverträge derzeit ein Festgehalt von 450 EUR brutto vorsehen, zugleich aber eine Stundenzahl festlegen, wonach rechnerisch der Mindestlohn nicht erreicht wird. Diese Verträge bedürfen einer Anpassung.

Auch hinsichtlich des Anwendungsbereiches sind viele Fragen noch offen. Dies betrifft insbesondere die Beschäftigung von Schülern und Studenten, sowie Praktikanten. Pflichtpraktika sowie Kurzpraktika zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder der Aufnahme eines Studiums und begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung fallen nicht unter das Mindestlohngesetz. Sonderfälle, die nicht klar in diese Kategorien eingeordnet werden können, bedürfen wohl der gerichtlichen Klärung.

Bereits im Jahr 2016 soll die von der Bundesregierung eingesetzte Mindestlohnkommission mit Wirkung für das Jahr 2017 erstmals über eine Anpassung des Mindestlohns beraten.

2.    Tarifeinhalt

Am 11.12.2014 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Tarifeinheit beschlossen. Ziel des Tarifeinheitsgesetztes ist es, die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie zu sichern. Es regelt daher den Fall, in dem zwei Gewerkschaften in demselben Betrieb dieselben Arbeitnehmergruppen vertreten, dabei aber unterschiedliche tarifliche Regelungen anstreben.

Der Gesetzentwurf enthält zusammengefasst folgende Regelungen:

  • Überschneiden sich in einem Betrieb Tarifverträge, so findet nur derjenige Tarifvertrag der Gewerkschaft Anwendung, der im Betrieb über die meisten Mitglieder verfügt.
  • Der Minderheitsgewerkschaft verbleibt gegenüber der verhandelnden Arbeitgeberseite lediglich ein Anhörungs- bzw. ein Nachzeichnungsrecht.
  • Auch das Arbeitsgerichtsgesetz wird entsprechend abgeändert. Die Arbeitsgerichte sind danach auch zuständig für eine Entscheidung über den im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag. Auf Antrag einer Tarifvertragspartei eines kollidierenden Tarifvertrages kann mit bindender Wirkung für Dritte ein Beschlussverfahren durchgeführt werden.

Das Arbeitskampfrecht wird durch das Tarifeinheitsgesetz nicht beeinflusst. Ob Arbeitskämpfe, mit denen ein kollidierender Tarifvertrag erwirkt werden soll, verhältnismäßig sind, muss dann jeweils im Einzelfall entschieden werden.

Der Gesetzentwurf hat bereits sehr viel Kritik erfahren. Insbesondere wird er teilweise für verfassungswidrig gehalten. Er muss nun durch den Bundesrat und schließlich vom Bundespräsidenten ausgefertigt werden. Nach dem Entwurf tritt das Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft. Es bleibt abzuwarten, ob das Gesetz in dieser Fassung umgesetzt wird.

3.    Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

Bereits am 04.12.2014 hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf beschlossen. Danach sollen Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 25 regulären Arbeitnehmern in Zukunft einen Rechtsanspruch auf die Familienpflegezeit haben.

Beschäftigte, die nahe Angehörige in häuslicher Umgebung pflegen, sollen eine teilweise Freistellung von ihrer Arbeitsleistung von bis zu 24 Monaten bei einem reduzierten Beschäftigungsumfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich geltend machen können. Als Lohnersatzleistung für kurzzeitige Pflegesituationen von bis zu 10 Arbeitstagen ist ein Pflegeunterstützungsgeld geplant. Zudem soll es die Möglichkeit eines zinslosen Darlehens geben. Arbeitgeber sollen im Gegenzug für jeden vollen Monat einer kompletten Freistellung den Erholungsurlaub um 1/12 kürzen dürfen.

Nachdem der Bundesrat den Entwurf am 19.12.2014 gebilligt hat, ist das Gesetz am 01.01.2015 in Kraft getreten.

Alle Neuerungen werden Arbeitgeber vor neue Herausforderungen stellen. Viele Fragen sind offen. Solange keine rechtskräftigen Urteile vorliegen, verbleibt es in vielerlei Hinsicht bei der Auslegung. Unser Arbeitsrechts-Team berät Sie gerne.

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