Dr. Barbara Mayer, Fachanwältin für Handels- und GesellschaftsrechtHolger Hiss, Gesellschaftsrecht

GmbH zwischen 500 und 2000 Mitarbeitern: Arbeitnehmer-Mitbestimmung und Frauenquote

Nach dem Drittelbeteiligungsgesetz sind mittelgroße Unternehmen in der Rechtsform der GmbH oder der AG ab 500 Arbeitnehmern verpflichtet, einen Aufsichtsrat zu errichten, der zu einem Drittel mit Arbeitnehmer-Vertretern besetzt ist. In rund 56% der betroffenen Unternehmen wird das bisher ignoriert. Durch das Gesetz zur Frauenquote bekommt das Thema neue Brisanz.

Gesetzliche und tatsächliche Ausgangslage

Die in Deutschland am meisten verbreitete Rechtsform für mittelständische Unternehmen ist die GmbH. Bei einer GmbH besteht ab „in der Regel" 500 Arbeitnehmern die Pflicht, den Arbeitnehmern über die Schaffung eines Aufsichtsrates bestimmte Mitbestimmungsrechte zu gewähren (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG). „In der Regel" meint dabei, dass nicht allein ein bestimmter Stichtag entscheidet, sondern eine Prognose über die künftige Entwicklung der Arbeitnehmerzahl anzustellen ist. Bloß vorübergehende Schwankungen bleiben außer Betracht.

Als „Arbeitnehmer" zählt mit, wer aufgrund eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages im Dienste der GmbH „in persönlicher Abhängigkeit zur Leistung fremdbestimmter Arbeit" verpflichtet ist. Gezählt wird dabei stets nach vollen Köpfen und nicht nach anteiliger Arbeitszeit. Als volle Arbeitnehmer zählen folglich auch Teilzeitbeschäftigte, Aushilfen und Auszubildende - zudem nach neuerer Rechtsprechung der Arbeitsgerichte auch Leiharbeitnehmer, soweit sie auf Stammarbeitsplätzen und nicht nur zum Ausgleich befristeter Spitzen eingesetzt werden.

Weder das GmbH- noch das Mitbestimmungsrecht sehen Sanktionen für den Fall vor, dass ein Unternehmen keinen Aufsichtsrat mit Arbeitnehmermitbestimmung eingerichtet hat, obwohl es dazu eigentlich verpflichtet wäre. Das dürfte der Grund dafür sein, dass von den rund 3.500 betroffenen Unternehmen in Deutschland 56% keinen Aufsichtsrat haben. Bislang war die einzig denkbare Sanktion, dass die Wirtschaftsprüfer den Verstoß in ihrem Prüfungsbericht nach § 321 HGB vermerken.

Neues durch die Frauenquote

Neues könnte sich durch das im Frühjahr 2015 verabschiedete „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst" ergeben. Danach müssen sich Unternehmen, die entweder börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, flexible Frauenquoten für Vorstand bzw. Geschäftsführung, Aufsichtsrat sowie oberes und mittleres Management verordnen und über die Fortschritte berichten.

Vereinzelt wird die Meinung vertreten, diese Pflichten gälten nur für Unternehmen, die einen Aufsichtsrat nach Drittelbeteiligungsgesetz eingerichtet haben. Das widerspricht aber dem Gesetzeswortlaut: danach kommt es nicht darauf an, ob eine Arbeitnehmer-Mitbestimmung tatsächlich praktiziert wird, sondern allein darauf, ob ein Unternehmen der Arbeitnehmer-Mitbestimmung unterliegt. Die ganz überwiegende Meinung geht dementsprechend davon aus, dass es für die Pflicht zur Festlegung von Quotenzielen irrelevant ist, ob ein Aufsichtsrat nach Drittelbeteiligungsgesetz tatsächlich existiert oder nicht.

Nach § 52 Abs. 2 des GmbH-Gesetzes in seiner neuesten Fassung ist die Gesellschafterversammlung bei allen betroffenen Unternehmen verpflichtet, für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und bei den Geschäftsführern Zielgrößen festzulegen. Fraglich ist, wie Unternehmen, die - pflichtwidrig - keinen Aufsichtsrat gebildet haben, damit umgehen. Wenn es keinen Aufsichtsrat gibt, kann für dieses Gremium auch keine Zielgröße für den Frauenanteil festgelegt werden - sollte man meinen.

Das GmbH-Gesetz sagt dazu nichts. Eine Sanktion könnte aber über die „Hintertür" des Lageberichts drohen: Nach § 289a Abs. 4 HGB sind im Lagebericht Angaben zu den Quotenzielen und den Status ihrer Erreichung zu machen. Werden keine Zielgrößen veröffentlicht, ist der Lagebericht unvollständig, und daran sind wiederum Sanktionen gem. §§ 334 f. HGB geknüpft: die Geschäftsführer verhalten sich ordnungswidrig; es können Bußgelder bis 50.000 Euro verhängt werden. Ob das Bundesamt für Justiz tatsächlich so weit gehen würde, Bußgelder zu verhängen, weil der Lagebericht keine Quotenziele für einen nicht vorhandenen Aufsichtsrat enthält, bleibt abzuwarten.

Dagegen spricht eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Januar 2014, die einen etwas anders gelagerten Fall betraf: Nach § 325 Abs. 1 Nr. 2 HGB sind mittelgroße Kapitalgesellschaften verpflichtet, „den Bericht des Aufsichtsrats" offenzulegen. Bis 2014 hat das Bundesamt für Justiz Ordnungsgelder verhängt, wenn ein solcher Bericht fehlte - auch wenn gar kein Aufsichtsrat gebildet worden war. Diese Praxis hat das Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklärt: die Errichtung eines Aufsichtsrats könne nicht über das handelsgesetzliche Ordnungsgeldverfahren erzwungen werden; dafür gebe es das aktienrechtliche Statusverfahren als exklusiven Durchsetzungsmechanismus. Ob diese Auffassung sich auch in Bezug auf die Frauenquote durchsetzt, wird die Praxis zeigen.

Fazit

Für GmbHs mit mehr als 500 Mitarbeitern - aber ohne Aufsichtsrat nach dem Drittelbeteiligungsgesetz - erhöht sich das Risiko. Es besteht die Gefahr, dass der Lagebericht als nicht vollständig angesehen wird, wenn keine Angaben über die Zielerreichung zur Frauenförderung - auch im Aufsichtsrat - gemacht werden. Ein Ausweg könnte darin bestehen, die Rechtsform zu ändern: das Drittelbeteiligungsgesetz gilt nur für Kapitalgesellschaften, nicht für Personengesellschaften (also auch nicht für die GmbH & Co. KG). Im Bereich zwischen 500 und 2000 Arbeitnehmern werden die bei der KG angestellten Arbeitnehmer auch nicht der GmbH zugerechnet (anders als nach dem Mitbestimmungsgesetz jenseits der 2.000 Arbeitnehmer). Nähert sich das Unternehmen der Zahl von 2000 Arbeitnehmern, wird es schwieriger, der Arbeitnehmer-Mitbestimmung aus dem Weg zu gehen. Dann empfiehlt sich der Wechsel in die Europäische Aktiengesellschaft (SE) oder die Aufnahme einer ausländischen Gesellschaft als persönlich haftender Gesellschafterin der KG, z.B. „plc & Co. KG", „B.V. & Co. KG" oder „GmbH & Co. KG" mit einer österreichischen GmbH.

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