Iran

Geschäfte mit dem Iran - Tipps für die Vertragsgestaltung

Mit der Einigung im Atomstreit rückt eine Aufhebung der gegen den Iran verhängten Sanktionen in greifbare Nähe: verläuft alles nach Plan, sollen im ersten Quartal 2016 die Sanktionen - schrittweise - aufgehoben werden. Für deutsche Unternehmen ergeben sich daraus hervorragende Chancen in den Bereichen Infrastruktur, Anlagenbau, Konsumgüter und in der petrochemischen Industrie. Der Nachholbedarf des Iran ist gewaltig. Eine im regionalen Vergleich große, kaufkraftstarke Bevölkerung mit hohem Bildungsniveau macht den Iran zu einem attraktiven Markt.

Alles nur Scharia?

Nein! Das iranische Zivil- und Wirtschaftsrecht beruht ganz überwiegend auf europäischen Vorbildern.

Zwar wurde nach der Islamischen Revolution (1979) ein aus islamischen Gelehrten bestehender Wächterrat eingesetzt, der Gesetze auf die Übereinstimmung mit der Scharia (dem islamischen Recht) überprüft. Im Wirtschaftsrecht haben sich diese Islamisierungsbestrebungen aber nur ganz am Rande niedergeschlagen. Hinzu kommt, dass der iranische Gesetzgeber in den letzten Jahren Einiges unternommen hat, um das Rechtssystem zu reformieren: so wurden eine neues Schiedsgesetz (1997) und eine neues Investitionsgesetz (2002) erlassen. Seit 2005 besteht zudem mit Deutschland ein Investitionsschutzschutzabkommen. Ein neues Handelsgesetzbuch wurde im vergangenen Jahr vom Parlament beraten. Der rechtliche Rahmen für eine Geschäftstätigkeit mit und in dem Iran ist damit besser, als man zunächst vermuten würde. Hinzu kommt eine westlich orientierte Mittelklasse und wirtschaftliche Elite.

Dessen ungeachtet sind bei der Vertragsgestaltung einige Besonderheiten des iranischen Rechts zu beachten.

Wahl des anwendbaren Rechts

Das iranische Recht erlaubt eine freie Rechtswahl nur, wenn der Vertrag im Ausland unterzeichnet wurde und das ausländische Recht am Abschlussort eine Rechtswahl zulässt (Art. 968 ZGB). Wird der Vertrag im Iran unterzeichnet, unterliegt er zwingend dem iranischen Recht.

Auch soweit eine Rechtswahl zulässig ist, wird ein iranisches Gericht stets die zwingenden Bestimmungen des iranischen Rechts anwenden, unbeschadet der Wahl ausländischen Rechts. Das gilt etwa für Bestimmungen des öffentlichen Wirtschaftsrechts, die den Import von Waren oder pharmazeutische Produkte regulieren, aber auch für zwingende vertragsrechtliche Bestimmungen. Zu letzteren gehört das Verbot des „Wuchers" (oder ribâ), ein Prinzip des islamischen Rechts, das auch in iranischen Verfassung verankert ist (Art. 43 (5) Verfassung der Islamischen Republik Iran von 1979). In der iranischen Praxis dominiert allerdings die Auffassung  dass von dem Verbot nur Zinsen erfasst werden, die als solche bezeichnet sind. „Gebühren", die eine Bank in einem Kreditvertrag erhebt, oder auch pauschalierter Schadensersatz im Falle des Verzugs, sind zulässig.  

Schiedsklauseln

Nach iranischem Recht ist es zulässig, in einem wirtschaftsrechtlichen Vertrag eine Schiedsklausel zu vereinbaren. Diese kann im Vertrag selbst oder in einer gesonderten Urkunde enthalten sein. Ratsam ist, in der Schiedsklausel Bezug auf eine der international gängigen Schiedsordnungen zu nehmen (ICC, Swiss Rules oder auch DIS).

Eine wichtige Einschränkung besteht für Schiedsklauseln in Verträgen mit der öffentlichen Hand. Ein Schiedsverfahren eines ausländischen Unternehmens gegen eine staatliche iranische Partei ist nur mit Zustimmung des Parlaments zulässig. Das folgt aus Art. 139 der iranischen Verfassung. Nach einer Entscheidung des iranischen Obersten Verwaltungsgerichts ist die Zustimmung vor Vertragsschluss einzuholen. Die Schiedsklausel kann also nicht nachträglich genehmigt werden. Fehlt die betreffende Zustimmung, ist die Schiedsklausel nach iranischer Auffassung unwirksam. Das bindet zwar ein internationales Schiedsgericht nicht unbedingt. Ein entsprechender Schiedsspruch kann aber im Iran nicht vollstreckt werden.

Höhere Gewalt

Höhere Gewalt ist ein klassisches Thema des deutsch-iranischen Rechtsverkehrs. Die Islamische Revolution von 1979 hatte die Durchführung vieler Verträge unmöglich gemacht hat (und die Entscheidung des BGH betreffend den Schlachthof in Mahabad aus dem Jahr 1982 [BGHZ 83, 197 ff] gehört heute noch zum Standardrepertoire des juristischen Studiums). Diese Zeiten liegen nun lange zurück. In den letzten Jahren betrafen die Fälle meist Sanktionen.

Nach iranischem Recht setzt höhere Gewalt voraus, dass (i) ein unabwendbares Ereignis vorliegt, (ii) das für die Parteien nicht vorhersehbar ist und (iii) deren Kontrolle entzogen ist. Das entspricht weitgehend dem internationalen Verständnis von „höherer Gewalt."

Fragen der höheren Gewalt verdienen auch nach (oder gerade nach) einer Aufhebung der Sanktionen weiter Aufmerksamkeit: nach der bestehenden Vereinbarung mit dem Iran treten die Sanktionen dann wieder in Kraft, wenn der Iran seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Damit besteht ein Risiko, dass die Sanktionen wieder aufleben und die Erfüllung von Verträgen verunmöglichen. Diese Frage sollte im Vertrag klar geregelt werden - gerade weil auch gutmeinende Beobachter derzeit davon ausgehen, dass ein betreffendes Risiko nicht auszuschließen ist. Es kann also kaum argumentiert werden, das Risiko von Sanktionen sei nicht vorhersehbar.

Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen

Die iranischen Gerichte haben in der Vergangenheit deutsche Zivilurteile in mehreren Fällen anerkannt. Es ist so im Grundsatz möglich, wenngleich natürlich mühsam und langwierig, aus einem deutschen Zivilurteil im Iran zu vollstrecken. Umgekehrt heißt das - mit Blick auf den dem deutschen Verfahrensrecht zugrundeliegenden „Gegenseitigkeitsgrundsatz" (§ 328 der deutschen ZPO) - dass ein deutsches Unternehmen auch aus einem im Iran ergangenen Urteil in Deutschland in Anspruch genommen werden kann.

Der Iran ist Vertragsstaat der New York Convention (1958), dem zentralen internationalen Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen im internationalen Rechtsverkehr. Im Jahr 2011 hat ein iranisches Gericht erstmals einen Schiedsspruch eines Schiedsgerichts mit Sitz in Deutschland nach der Konvention anerkannt und für vollstreckbar erklärt. Damit kann in einem Vertrag mit einer iranischen Partei durchaus auch ein Schiedsort in Deutschland vereinbart werden.

Dr. Kilian Bälz, LL.M. (London) ist Rechtsanwalt und Partner bei Amereller Rechtsanwälte. Er berät seit vielen Jahren deutsche Unternehmen bei Geschäften mit iranischen Parteien. Kontakt: kb@amereller.com.

Amereller Rechtsanwälte ist seit 2012 über ein assoziiertes Büro in Teheran präsent. Mit Büros in Kairo, Dubai, Tripoli, Bagdad und Erbil berät Amereller Rechtsanwälte internationale Unternehmen in allen Fragen des nahöstlichen Wirtschaftsrechts.

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