Prof. Dr. F. Christian Genzow, Vertriebsrecht

Fiktive Rechnung nicht immer nach Sätzen der Freien

Wird ein versicherter Kasko-Schaden an einem Auto nicht repariert, errechnen Versicherungen die stattdessen zu zahlende Summe meist nach den niedrigeren Sätzen freier Werkstätten. Das muss aber nicht immer so sein. Mit entscheidend dafür ist, wo das Auto zuvor gewartet wurde. Für Markenwerkstätten taugt die Entscheidung durchaus als Argument zur Kundenbindung.

In einer Entscheidung vom 11.11.2015 (AZ: IV ZR 426/14) hat der BGH die von nahezu allen Versicherten praktizierte Berechnung auf Basis der Sätze freier Werkstätten korrigiert. Zwar gelte grundsätzlich, dass in der Kaskoversicherung allein die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien maßgeblich seien. Was aber aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmer die „erforderlichen" Kosten im Sinne der Reparaturklausel seien, habe der Versicherer bisher nicht zutreffend gesehen, befand das Gericht.

Diese erforderlichen Kosten, auf denen eine fiktive Abrechnung aufgebaut wird, können sich nämlich durchaus an den höheren Sätzen einer Markenwerkstatt orientieren, und zwar dann, wenn nur in einer Markenwerkstatt eine vollständige und fachgerechte Instandsetzung des Fahrzeugs möglich ist. Allerdings gibt es dafür noch weitere Voraussetzungen. So gilt dies im Regelfall nur dann, wenn es sich um ein neueres Fahrzeug handelt und es bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und repariert wurde. Ist der Versicherungsnehmer in der Lage, dies im Streitfall darzulegen und zu beweisen, können auch bei einer fiktiven Abrechnung die Aufwendungen für die Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt zugrunde gelegt werden.

Im vorliegenden Fall betrug der Reparaturkostenaufwand auf Basis einer Mercedes-Werkstatt 9.400 Euro, auf der Basis einer freien Werkstatt 6.400 Euro. Es muss nun durch das zuständige Berufungsgericht geklärt werden, ob der Geschädigte die vom BGH vorausgesetzten Beweise erbringen kann.

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