Prof. Dr. Tobias LenzJerome Nimmesgern, Haftungsrecht

Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes

Das Bundeskabinett hat am 11.03.2015 den Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten durch Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) beschlossen. Das neue ElektroG - geplant ist das Inkraftreten nach Zustimmung von Bundesrat und Bundestag bis Ende des Jahres 2015 - dient der Umsetzung der Richtlinie 2012/19/EU. Neben den Herstellern werden sich vor allem Großhändler von Elektro- und Elektronikgeräten auf die Novelle einstellen müssen.

Hintergrund und Ziel der Gesetzesnovellierung: Das ElektroG - in Kraft seit dem 16.03.2005 - regelt den Umgang mit durch Elektro- und Elektronikgeräten entstehendem Abfall. Es statuiert die Produktverantwortung der Hersteller, die Verantwortung für den gesamten Zyklus ihrer Produkte übernehmen sollen. Hersteller müssen ihre Produkte deshalb z.B. möglichst so entwerfen, dass Wiederverwendung und Recycling möglich sind oder Altgeräte aus Privathaushalten an Sammelstellen abholen, verwerten und beseitigen. Ziel der Gesetzesnovelle ist insbesondere die Erhöhung der Wiederverwertungsquote von Elektro- und Elektronikgeräten: Die Quote soll bis 2016 auf 45 Prozent, bis 2019 auf 65 Prozent steigen.

Die wichtigsten geplanten Neuerungen im Überblick

Der Anwendungsbereich des ElektroG soll stufenweise erweitert werden. Ab Inkrafttreten fallen z.B. Photovoltaik-Module sowie Leuchten aus privaten Haushalten in den Anwendungsbereich. Ab 15.08.2018 soll ein offener, alle Elektrogeräte umfassender Anwendungsbereich - es sei denn, die Geräte sind explizit vom Anwendungsbereich ausgeschlossen - eingeführt werden. Hersteller werden ihre Produkte neu klassifizieren und ihre EDV- und ERP-Systeme (Planung, Steuerung der Warenwirtschaft, Rechnungswesen usw.) umstellen und die Daten neu erfassen müssen.

Hersteller ohne Niederlassung im Inland müssen künftig einen sog. Bevollmächtigten in Deutschland beauftragen und diesen beim Umweltbundesamt benennen. Der Bevollmächtigte tritt in die Verpflichtungen des Herstellers ein. Unternehmen mit Niederlassung im Inland, die ihre Geräte aber gewerbsmäßig im Fernabsatz direkt an Endkunden in anderen Mitgliedsstaaten der EU abgeben, sind verpflichtet, vor der Bereitstellung in diesen Mitgliedstaaten einen Bevollmächtigten zu beauftragen, der für die Einhaltung der Pflichten nach der Richtlinie 2012/19/EU verantwortlich ist.

Zukünftig soll neben der bereits bestehenden Pflicht des Herstellers, alte Elektro- und Elektronikgeräte zurückzunehmen, erstmals auch eine Rücknahmepflicht für Vertreiber dieser Geräte - allerdings, um kleine und mittelständische Händler zu schützen, nur für Vertreiber mit einer Verkaufsfläche von mind. 400 m2 - statuiert werden. Diese Großhändler haben bei Abgabe eines Neugerätes an einen Endnutzer ein gleichartiges und funktionsgleiches Altgerät am Abgabeort oder in unmittelbarer Nähe hierzu, unentgeltlich zurück zu nehmen (sog. 1:1-Rücknahmepflicht). Kleine Altgeräte - solche, die in keiner äußeren Abmessung größer als 25 cm sind (z.B. Handys) - müssen in haushaltsüblichen Mengen sogar auch dann unentgeltlich zurückgenommen werden, wenn der Kunde kein Neugerät kauft (sog. 0:1-Rücknahmepflicht). Die Rücknahmepflicht gilt auch für den Fernabsatzvertrieb. Als Verkaufsfläche gelten insoweit die Lager- und Versandflächen der Händler. Die Rücknahme ist hier durch geeignete Rückgabemöglichkeiten in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endnutzer zu gewährleisten. Denkbar sind z.B. Kooperationen mit dem stationären Handel sowie die Schaffung von Rücksendemöglichkeiten. Rücknahmestellen müssen innerhalb von neun Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes eingerichtet werden.

Werden die Geräte nicht den Herstellern oder den öffentlichen Entsorgungsunternehmen übergeben, müssen die Händler sie selbst entsprechend den gesetzlichen Vorgaben verwerten. Die Rücknahme durch den Handel erfolgt bislang auf freiwilliger Basis. Die neue Rücknahmepflicht soll sicherstellen, dass künftig noch mehr Elektrogeräte umweltfreundlich entsorgt werden und nicht im Hausmüll landen.

Zur Vermeidung von illegalem Müllexport werden an Exporteure umfassende Nachweispflichten (u.a. Aufzeichnung einer Funktionsprüfung) für die Verbringung von gebrauchten Elektro- und Elektronikgeräten ins Ausland eingeführt.

Der Bundesrat hat am 08.05.2015 zu dem Gesetzesentwurf Stellung genommen und im weiteren Gesetzgebungsverfahren u.a. um Überprüfung einer Ausweitung der zivilrechtlichen Regelungen über Gewährleistungen beim Kaufvertrag gebeten, um ein Eigeninteresse der Hersteller an der Produktion langlebiger - und damit umweltfreundlicher - Geräte zu schaffen. Fragen zur Beweislastumkehr und zur Verjährung sollen dabei im Fokus stehen. Konkreter verhält sich die Stellungnahme hierzu allerdings nicht. Der Bundestag soll über den Entwurf im Juni 2015 debattieren. Eine letzte Lesung ist für September 2015 geplant. Die betroffenen Unternehmen sollten die Entwicklung verfolgen und sich rechtzeitig mit den neuen Themen befassen. Vor allem der Großhandel von Elektro- und Elektronikgeräten, insbesondere der Onlinehandel, dürfte durch die neue Rücknahmepflicht vor logistische, administrative und organisatorische Herausforderungen gestellt werden.

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