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Zuständigkeit der Gesellschafter für Verträge in Zusammenhang mit Geschäftsführung

Beim Abschluss eines Anstellungsvertrags zwischen einer GmbH und ihrem Geschäftsführer wird die GmbH von der Gesellschafterversammlung vertreten. Dasselbe gilt nach einer neueren Entscheidung des OLG Naumburg auch für Verträge über Leistungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Organtätigkeit des Geschäftsführers stehen, insb. Beraterverträge mit einer Gesellschaft, an der der Geschäftsführer maßgeblich beteiligt ist (OLG Naumburg, Urteil vom 23.1.2014, 2 U 57/13).

Hintergrund

Ein GmbH-Geschäftsführer, der von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit war, d.h. die Befugnis hatte, die Gesellschaft bei Rechtsgeschäften mit sich selbst zu vertreten, hatte namens der Gesellschaft einen Vertrag mit einer Gesellschaft geschlossen, deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer wiederum er selbst war. Der Vertrag betraf die Beratung der GmbH in Fragen der Unternehmensorganisation, insbesondere die Analyse der bestehenden Betriebsabläufe und deren Optimierung. Als Gegenleistung war eine pauschale monatliche Vergütung vorgesehen; die Mindestlaufzeit betrug fünf Jahre. Noch kurz vor seiner Abberufung durch den Mehrheitsgesellschafter überwies der Geschäftsführer 3.500 EUR Vergütung. Die Gesellschaft forderte deshalb Schadensersatz wegen der Verletzung von Geschäftsführerpflichten.

Die Entscheidung des OLG Naumburg

Das OLG Naumburg verurteilte den Geschäftsführer zu Schadensersatz nach § 43 Abs. 2 GmbHG und begründete dies mit einer Kompetenzüberschreitung des Geschäftsführers. Nach § 46 Nr. 5 GmbHG ist für die Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers ausschließlich die Gesellschafterversammlung zuständig, als Annexkompetenz gilt dies auch für Abschluss, Änderung oder Beendigung des Anstellungsvertrages. Diese Zuständigkeit erweitert das Gericht auf andere Verträge über Dienstleistungen, die typischerweise in einem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag geregelt werden oder zumindest in unmittelbarem Zusammenhang mit Geschäftsführung stehen. Der Vertrag betraf nach Auffassung des Gerichts Leistungen der Geschäftsführung. Eine eindeutige Abgrenzung der vertraglichen Leistungen zu den Leistungen als Geschäftsführer der GmbH sei nicht möglich. Über seinen Gewinnanspruch als Alleingesellschafter erhielte der Geschäftsführer aus dem Vertrag eine gesonderte Vergütung für Leistungen, die er bereits als Geschäftsführer der GmbH schulde. Schließlich werde durch die Vertragsdauer von mindestens fünf Jahren die Kompetenz der Gesellschafterversammlung beeinträchtigt, originär über die Beendigung des Anstellungsverhältnisses zu entscheiden. Für den Abschluss des Beratervertrags wäre daher die Gesellschafterversammlung zuständig gewesen.

Das Gericht sah ein zumindest fahrlässiges Verhalten des Geschäftsführers, denn er hätte erkennen können, dass er seine Kompetenzen überschritt. Er hafte daher auf Freistellung der GmbH von den begründeten Verbindlichkeiten sowie auf Erstattung der bereits erfolgten Zahlung.

Praxisfolgen

Das OLG Naumburg formuliert in seiner Entscheidung für die Praxis wichtige Kriterien zur Kompetenzabgrenzung zwischen Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung einer GmbH. Bei Beratungsverträgen, die den Anstellungsvertrag des Geschäftsführers ersetzen oder ergänzen, gilt es, das Risiko einer Fahrlässigkeitshaftung des Geschäftsführers zu minimieren, indem die Zuständigkeiten innerhalb der GmbH beachtet werden.

Im entschiedenen Fall lag die Absicht des Geschäftsführers, sich auf Kosten der Gesellschaft zu bereichern, nach dem vom Gericht mitgeteilten Sachverhalt auf der Hand. Doch auch die vom Gericht allgemein gezogenen Grenzen sind konsequent. Die Kompetenz der Gesellschafterversammlung muss auf mit Geschäftsführern persönlich geschlossene Verträge, die in engem Zusammenhang mit Geschäftsführungsaufgaben stehen, bereits deshalb erstreckt werden, weil eine sinnvolle Abgrenzung der vertraglichen Leistungen kaum möglich ist. Bei Verträgen mit anderen Gesellschaften, deren Alleingesellschafter der Geschäftsführer ist, ist dies zwar weniger eindeutig, der Sache nach besteht jedoch derselbe Interessenskonflikt. Offen gelassen hat das Gericht, ob die Gesellschafterversammlung auch zuständig ist, wenn der Geschäftsführer nicht Alleingesellschafter der Vertragspartnerin ist. Sicherheitshalber sollte zumindest bei einer nicht ganz geringfügigen Beteiligung stets ein Gesellschafterbeschluss eingeholt werden.

Da die der (Annex-)Kompetenz der Gesellschafterversammlung zugrunde liegende Vorschrift des § 46 Nr. 5 GmbHG dispositiv ist, steht Gesellschaften, in denen eine andere Kompetenzverteilung gewünscht ist, der Weg einer abweichenden Satzungsregelung offen.

Dr. Sven Ufe Tjarks

Der Autor bespricht die Entscheidung ausführlicher in einem der nächsten Hefte der Fachzeitschrift „Betriebs-Berater“.

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