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Neues Antikorruptionsrecht in Brasilien

Das brasilianische Parlament hat mit Wirkung zum 01.02.2014 ein neues Antikorruptionsgesetz verabschiedet, das kräftige Strafen für in Brasilien tätige Unternehmen (und auch für deren ausländische Gesellschafter) vorsieht, und zwar unabhängig davon, ob die Geschäftsführung oder sonst ein verantwortlicher Mitarbeiter von den Korruptionshandlungen wusste oder nicht. Die Strafen können bis zu 20% des Umsatzes betragen, die Schließung des Unternehmens sowie der Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren und Subventionen sind möglich. In Anlehnung an ausländische Gesetze können interne Compliance-Strukturen die Sanktionen erheblich mildern (Lei No..846 vom 01.08.2013) Die handelnden Personen haften darüber hinaus persönlich, wenn ihnen Verschulden zu Last gelegt werden kann (Artikel 3 § 2).

Korruptionshandlungen

Als Bestechungshandlungen gelten bspw. sämtliche (direkten oder indirekten) ungerechtfertigten Zahlungen oder sonstige Leistungen an öffentliche Angestellte oder Beamte sowie das Erschleichen von öffentlichen Aufträgen.

Strafen

Nach dem Gesetz können die Strafen zwischen 0,1 und 20% des Unternehmensumsatzes liegen, wobei nach dem Wortlaut des Gesetzes hiervon der gesamte, weltweite Konzernumsatz erfasst sein kann. Ob diese weite Auslegung von den Behörden und Gerichten tatsächlich vorgenommen wird, bleibt abzuwarten. Berechnungsgrundlage ist der im Wirtschaftsjahr vor Eröffnung der Verwaltungsverfahren erzielte Umsatz. Mindestens muss freilich (sofern bezifferbar) der durch die Korruption erlangte Vorteil abgeführt werden. Außerdem werden die betroffenen Gesellschaften in einem „nationalen Strafregister" (CNEP) geführt, wodurch sie für ein bis fünf Jahre nicht bei öffentlichen Aufträgen oder an Ausschreibungen teilnehmen können und von Subventionen ausgeschlossen sind (Artikel 19).

Sofern im Einzelfall die konkreten Umsatzzahlungen nicht ermittelt werden können, betragen die Strafen zwischen 6.000 R$ bis 60 Mio. R$. (derzeit ca. 2.000 bis 20 Mio. Euro).

Bei der Festsetzung der Sanktion wird die Schwere des Verstoßes, die durch den Verstoß erlangten Vorteile, eine Wiedergutmachung, der Grad des Vorsatzes/Verschuldens, negative Auswirkungen, die wirtschaftliche Situation des Handelnden, die Kooperationsbereitschaft des Unternehmens sowie die Existenz von Compliance-Strukturen (s.u.) betrachtet.

Erstreckung auf ausländische Unternehmen

Das Gesetz gilt sowohl für brasilianische Unternehmen als auch für ausländische Gesellschaften, die ihren Verwaltungssitz, eine Tochtergesellschaft oder eine Vertretung  in Brasilien haben (Artikel 1 § 1). Die Bestechung durch einen brasilianischen Handelsvertreter kann daher einschneidende Folgen für deutsche Unternehmen haben. Besticht bspw. ein deutscher Mitarbeiter brasilianische Beamte, könnte die Tätigkeit des deutschen Mitarbeiters ggfs. schon als „Vertretung" des Unternehmens in Brasilien angesehen werden, so dass auch dann ein erhebliches Haftungsrisiko für das Unternehmen besteht.
Konzernunternehmen und Konsortien (jeweils ohne Unterscheidung zwischen ausländischen und brasilianischen Unternehmen) haften gesamtschuldnerisch für die Strafzahlungen.

Bedeutsam für ausländische Unternehmen ist ferner, dass diese auch im Falle des Erwerbs eines brasilianischen Unternehmens für die Strafzahlungen haften. Weitere Sanktionen (Unternehmensschließung, Ausschluss von öffentlichen Aufträgen etc.) können für diese jedoch nicht verhängt werden.  Im Falle des Unternehmenserwerbs oder der Verschmelzung können die Strafen maximal den Wert des übernommenen Unternehmens betragen (Artikel 4 § 1).

Milderung durch Kooperation und Compliance-Systeme

Die Strafen können freilich durch interne Maßnahmen sowie Kooperation mit den Behörden erheblich abgemildert werden. Bspw. kann ein Compliance-System eingerichtet werden. Bestandteile eines Compliance-Systems sind unter anderem (wie in ausländischen Antikorruptionsgesetzen wie dem UK Bribery Act und dem US FCPA) die Zusammenstellung und Auflistung von Risiken, Verabschiedung von Richtlinien und Vorgaben zur Behandlung von Korruptionsfällen, Verhaltenskodizes, Trainings, Standardverfahren für die Behandlung von Beschwerden, Leitfäden zur Behandlung von Korruptionsfällen, Einführung eines Whistleblower-Systems. Die Regierung soll im Wege einer Verordnung Vorgaben für haftungsmildernde Compliance-Systeme machen (Artikel 6 § 6 Abs. 1). Bisher liegt die betreffende Verordnung allerdings noch nicht vor.

Im Falle einer guten Zusammenarbeit mit den Behörden kann die Strafe um bis zu 2/3 der eigentlich einschlägigen Strafe reduziert werden. Ob eine Strafe durch ein Compliance-System vollständig vermieden werden kann, ist offen und wird auch von weiteren Faktoren abhängen (Grad des Verschuldens, erlangter Vorteil, Schwere des Verstoßes etc.).

Auf Grund der hohen Haftungsrisiken sollten Unternehmen, die in Brasilien - in welcher Weise auch immer - tätig sind, dringend ihre Compliance-Strukturen prüfen.

Dr. Barbara Mayer
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

Dr. Jan Henning Martens

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