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Kfz-Vertrieb: Neuer Schwung im Ausgleichsanspruch

Beim Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB tut sich einiges: Aufgrund der - zwischenzeitlich berühmten - Tamoil-Entscheidung des EuGH aus dem März 2009 war der deutsche Gesetzgeber gezwungen, den Abs. 1 des § 89b HGB der Handelsvertreterrichtlinie anzupassen. Es läuft alles darauf hinaus, dass ein Vertragshändler künftig jeweils die Höchstbetragssumme des § 89b Abs. 2 HGB verlangen kann.

Mit seinem Urteil hatte der EuGH die Deckelung des Ausgleichsanspruchs auf die Summe der ausgleichsfähigen Provisionsverluste (Vertragshändlerroherträge) für unzulässig erklärt. Der EuGH hat weiter betont, dass das in Art. 17 Abs. 2 der Handelsvertreterrichtlinie geregelte Verfahren in drei Stufen ablaufe: Auf der ersten Stufe geht es um die Feststellung der Vorteile des Unternehmers (Herstellers) aus den Geschäften mit den vom Handelsvertreter/Vertragshändler geworbenen Kunden. Auf der zweiten Stufe müsse geprüft werden, ob der danach ermittelte Betrag unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles der Billigkeit entspreche. Schließlich wird auf der dritten Stufe der Ausgleichsanspruch an der Höchstgrenze gemessen.

Derart ist aber der Ausgleichsanspruch in Deutschland nie berechnet worden: Statt der Unternehmervorteile wurden vielmehr die Provisionen des Handelsvertreters bzw. die Deckungsbeiträge des Vertragshändlers zugrunde gelegt. Hält sich aber ein Richter an den Wortlaut der geänderten Gesetzesgrundlage, wird er darauf hinweisen, dass Unternehmervorteile vorzutragen sind.

Indes wird es dem Handelsvertreter und noch mehr dem Vertragshändler vielfach sehr schwer fallen, überhaupt die Unternehmervorteile konkret darzulegen. Eine Brücke hat der BGH gebaut, der die Unternehmervorteile mindestens in Höhe der zukünftig entgehenden Provisionen oder Roherträge des Handelsvertreters/Vertragshändlers sieht. Allerdings wurde schon in anderen, nicht unmittelbar den Ausgleichsanspruch betreffenden Entscheidungen vom BGH angedeutet, dass dann, wenn der Kläger keinen Einblick in die Kalkulation des Unternehmers hat, es ausreichend sein muss, wenn er Anhaltspunkte vorträgt, aus denen sich Unternehmervorteile ergeben können. Es obliegt dann dem Unternehmer, über seine Unternehmensvorteile entsprechend Auskunft zu erteilen, wobei der richtige Weg sogar der sein kann, dass der Vertragshändler gegenüber dem Hersteller konkret Auskunft begehrt über die von dem Hersteller generierten Deckungsbeiträge. Das bekommt insbesondere dann ein großes Gewicht, wenn es um das sog. Folgegeschäft geht: Unter Folgegeschäft ist dabei der Bereich des Unternehmers zu verstehen, der mit dem vom Vertragshändler geworbenen Kunden unmittelbar zusammenhängt, für den aber ein Entgelt bisher im Ausgleichsanspruch nicht gezahlt wird. Das betrifft insbesondere den Bereich des Maschinen- und Anlagenbaus bis hin zum Kfz-Bereich: Denn diese Branchen haben zum Teil erheblich höhere Umsätze und - vor allem - Erträge im Folgegeschäft, nämlich in der Lieferung von Ersatzteilen und Verbrauchsmaterialien. Es handelt sich dabei aber um Vorteile, die unmittelbar mit dem Verkauf des provisions- oder entgeltpflichtigen Produktes zu haben und sich damit genauso unmittelbar als Vorteil für den Unternehmer darstellen.

Eine derartige Offenlegung der Unternehmervorteile in Form von erzielten Deckungsbeiträgen durch Hersteller hat es bisher allerdings noch nicht gegeben - und es ist abzusehen, dass dies für die Hersteller auch nicht sonderlich vergnüglich ist. Jedenfalls dürften diese Deckungsbeiträge weit über denjenigen des Händlers liegen. Rechnerisch hat dies zur Konsequenz, dass der Vertragshändler jeweils die Höchstbetragssumme des §§ 89b Abs. 2 HGB verlangen kann. Es wäre sinnvoll und zielführend, wenn sich Handel und Hersteller grundsätzlich auf eine derartige - sehr einfache - Berechnung für die Zukunft verständigen würden.

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