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Kartellrecht: Neue Gruppenfreistellungsverordnung für den Technologietransfer

Lizenzverträge über gewerbliche Schutzrechte können gegen das Kartellverbot verstoßen. Das gilt für Vereinbarungen, in denen der Lizenznehmer wettbewerbsbeschränkende Verpflichtungen übernimmt, beispielsweise Preisbindungen, territoriale Beschränkungen, Wettbewerbsverbote oder Bezugsbindungen. Um Rechtssicherheit zu schaffen, hat die EU-Kommission 2004 eine Gruppenfreistellungsverordnung für Technologie-Transfervereinbarungen erlassen. Seit 1. Mai 2014 gilt eine neue Version.

Nach der Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) von 2004 waren Vereinbarungen über den Technologietransfer (darunter fallen Patentlizenzvereinbarungen, Know-how-Vereinbarungen und Softwarelizenzen) vom Kartellverbot generell freigestellt, wenn die beteiligten Unternehmen bestimmte Marktanteilsschwellen nicht überschritten und die Vereinbarung keine verbotenen Bestimmungen enthielt, die in der Freistellungsverordnung im Einzelnen aufgezählt waren (sogenannte Kernbeschränkungen). Unter die nicht freigestellten Kernbeschränkungen fielen vor allem Preisbindungen, mengenmäßige Beschränkungen sowie die Aufteilung von Märkten und Kunden. Unzulässig war bisher auch die Verpflichtung des Lizenznehmers, dem Lizenzgeber eine Exklusivlizenz für seine eigenen Verbesserungen an der lizenzierten Technologie zu erteilen, sofern es sich dabei um abtrennbare Verbesserungen handelte. Für nicht-abtrennbare Verbesserungen war die sog. Rücklizenz indessen freigestellt. Unwirksam waren ferner Bestimmungen in Lizenzverträgen, wonach sich der Lizenznehmer verpflichtete, die Gültigkeit der lizenzierten Rechte nicht anzugreifen (sog. Nichtangriffsklauseln). Freigestellt war hingegen die Möglichkeit des Lizenzgebers, die Vereinbarung zu kündigen, wenn der Lizenznehmer die Gültigkeit eines der lizenzierten Schutzrechte angreift.

Die Gruppenfreistellungsverordnung aus dem Jahr 2004 trat am 30. April 2014 außer Kraft. Die EU-Kommission hat eine neue Gruppenfreistellungsverordnung für den Technologietransfer erlassen, die ab 1. Mai 2014 gilt. Gegenüber der bisherigen Regelung hat sich insbesondere geändert:

  • Die Möglichkeit des Lizenzgebers, die Vereinbarung zu kündigen, wenn der Lizenznehmer die Gültigkeit eines oder mehrerer der lizenzierten Schutzrechte angreift, ist nur noch für exklusive Lizenzverträge freigestellt. Für nicht-exklusive Lizenzverträge besteht somit keine Möglichkeit mehr, den Angriff des Lizenznehmers auf ein Schutzrecht mit der Kündigung des Lizenzvertrages zu beantworten. Nichtangriffsklauseln sind von der Freistellung nach wie vor ausgenommen.
  • Rücklizenzverpflichtungen sind nach der neuen Gruppenfreistellungsverordnung grundsätzlich nicht freigestellt, unabhängig davon, ob es sich um abtrennbare oder nicht-abtrennbare Verbesserungen handelt.
  • Nach der alten Gruppenfreistellungsverordnung konnte dem Lizenznehmer unter bestimmten Voraussetzungen eine Beschränkung „passiver“ Verkäufe auferlegt werden, d. h. von Verkäufen, die in Reaktion auf eine entsprechende Kundenanfrage erfolgten. Solche Beschränkungen sind nach der neuen Gruppenfreistellungsverordnung nicht mehr freigestellt.

Bereits abgeschlossene Lizenzverträge genießen eine Übergangsfrist bis zum 30. April 2015 und müssen innerhalb dieser Frist an die neuen Vorgaben angepasst werden. Für Neuverträge gilt die geänderte Gruppenfreistellungsverordnung sofort.

Dr. Hans-Georg Riegger
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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