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Kammern für internationale Handelssachen: Gerichtsverhandlungen künftig auch auf Englisch?

Das Thema ist nicht neu, aber wie bei so manch anderem Projekt auch ist die Bundestagswahl 2013 dazwischengekommen. Jetzt also ein neuer Anlauf: Der Bundesrat hat am 14.03.2014 einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach bei den Landgerichten Kammern für internationale Handelssachen einrichtet werden können, vor denen in englischer Sprache verhandelt werden kann, wenn die Parteien dies wünschen. Ziel ist die Stärkung des Rechts- und Wirtschaftsstandorts Deutschland.

Das deutsche Recht hat viele Vorzüge: Es ist klar kodifiziert und beruht - anders als das anglo-amerikanische „common law" - nicht auf Präzedenzfällen. Anhand von Gesetzestext und Kommentar lässt sich für die meisten Rechtsfragen eine Lösung finden und vorhersagen. Auch deutsche Gerichte sind im internationalen Vergleich gut: Die Richter sind qualifiziert und unabhängig, sie entscheiden schnell und vergleichsweise vorhersehbar. Dennoch gehen die großen Streitigkeiten im internationalen Geschäftsverkehr an Deutschland vorbei. Ausländische Unternehmen tun sich schwer, einen Gerichtsstand in Deutschland zu akzeptieren. Und das ist auch nachvollziehbar: Während im Wirtschaftsleben die englische Sprache dominiert, ist die Gerichtssprache hierzulande weiterhin deutsch. Urkunden in anderen Sprachen müssen in beglaubigter Übersetzung vorgelegt, ausländische Zeugen und Parteien mit Hilfe von Dolmetschern befragt werden. Das ist umständlich, teuer und fehleranfällig. Deshalb werden größere wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten oft entweder im Ausland oder vor Schiedsgerichten ausgetragen. Und das hat wiederum Auswirkungen auf die Frage der Rechtswahl. Das deutsche Recht wird trotz seiner Vorzüge kaum gewählt, wenn als Gerichtsstand ein Gericht in einem anderen Staat vereinbart ist, vor dem in englischer Sprache als "lingua franca" des internationalen Wirtschaftsverkehrs verhandelt werden kann.

Das soll sich künftig ändern: Der Bundesrat hat am 14.03.2014 einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach bei den Landgerichten Kammern für internationale Handelssachen einrichtet werden können, vor denen in englischer Sprache verhandelt werden kann, wenn die Parteien dies wünschen. Auch das Urteil kann dann in englischer Sprache verfasst werden. Das Gesetz muss jetzt im Bundestag beraten werden. Es kann eine Stärkung des Rechtsstandorts Deutschland bedeuten, wenn die Gerichte die sprachliche Herausforderung meistern. Qualifizierte Richter gibt es nach unserer Einschätzung genug, und zwar sowohl bei den Berufsrichtern als auch unter den Handelsrichtern aus der Unternehmerschaft.

Fundstelle für den Gesetzesentwurf:
http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2014/0001-0100/93-14(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1

Dr. Barbara Mayer
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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