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Grundsatzurteil des BGH zum Zugabeverbot im Heilmittelwerberecht erstritten

Mit Urteil vom 6. November 2014 hat der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes entschieden, dass die Werbung eines Augenoptikers für eine Brille mit dem Hinweis „Kostenlose Zweitbrille dazu" gegen das heilmittelwerberechtliche Zugabeverbot verstößt und wettbewerbswidrig ist. Die obsiegende Klägerin in dem Verfahren, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., wurde von Dr. Anne Bongers-Gehlert aus unserem Freiburger Büro vertreten.

Zum Hintergrund

Nach dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) darf für Heilmittel grundsätzlich nicht mit Zugaben geworben werden. Auch Brillen unterfallen als Medizinprodukte diesem Verbot. Eine Ausnahme von diesem Zugabeverbot besteht u.a. für den Fall des Mengenrabatts, d.h. dann wenn der Kunde zum gleichen Preis eine größere Menge des verkauften Produkts erhält. Ein Augenoptiker hatte mit einem Werbeflyer für eine Brille mit Premium-Einstärkengläsern und -Gleitsichtgläsern geworben. In der Werbung wurde blickfangmäßig angekündigt „Kostenlose Zweitbrille dazu". Der Kunde sollte beim Kauf einer der beworbenen Brillen kostenlos eine Zweitbrille im Wert von 89,00 EUR dazu erhalten. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. sah in dieser Werbung einen Verstoß gegen das heilmittelwerberechtliche Zugabeverbot. Die Frage, ob die kostenlose Abgabe einer Zweitbrille gegen das heilmittelwerberechtliche Zugabeverbot verstößt, wurde von den Oberlandesgerichten bislang unterschiedlich beurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte das Urteil des OLG Stuttgart, das der Klage der Wettbewerbszentrale stattgegeben hatte.

Nach Auffassung des BGH verstößt die Werbung für die kostenlose Zweitbrille in ihrer konkreten Gestaltung gegen das Zugabeverbot des HWG. Die angesprochenen Verbraucher verstünden die angegriffene Werbung aufgrund des blickfangmäßigen Hinweises „Kostenlose Zweitbrille dazu" so, dass sie zusätzlich zu der beworbenen Brille zum angegebenen Preis ein Geschenk in Form einer kostenlosen Zweitbrille erhielten. Zugleich verneinte der BGH das Vorliegen eines Mengenrabattes, da es sich bei Erst- und Zweitbrille aufgrund der unterschiedlichen Leistungsmerkmale nicht um dasselbe Produkt handele. Aus Sicht des BGH besteht die Gefahr, dass die Verbraucher ihre Entscheidung für oder gegen den Erwerb einer Brille bei der Beklagten nicht allein anhand gesundheitlicher Gründe treffen, sondern sich dabei allein von dem Geschenk einer Zweitbrille leiten lassen.

Die Entscheidung des BGH schränkt die Möglichkeit von Augenoptikern, mit der kostenlosen Abgabe einer Zweitbrille zu werben, erheblich ein. Es darf durch die Werbung nicht der Eindruck erweckt werden, der Kunde erhalte die Zweibrille als Geschenk obendrein. Genau diese Intention steckt indes hinter den meisten Fällen einer Werbung mit einer kostenlosen Zweitbrille.

Da es sich bei der Werbung mit einer kostenlosen Zweitbrille um ein beliebtes Werbemittel der Augenoptiker handelt, wurde die Entscheidung von den Augenoptikern mit Spannung erwartet. Der BGH hat in seiner Entscheidung ausdrücklich klargestellt, dass er entgegen vielfach geäußerter Kritik an der Geltung des heilmittelwerberechtlichen Zugabeverbotes auch für Sehhilfen festhält. Zudem hat er nunmehr hinsichtlich der unter den Oberlandesgerichten umstrittenen Frage der Zulässigkeit einer Werbung für eine kostenlose Zweitbrille Klarheit geschaffen. Eine Lockerung des Zugabeverbotes für Sehhilfen wäre somit Aufgabe des Gesetzgebers.

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