Bundesgerichtshof zum Auskunftsanspruch gegen Betreiber eines Internetportals

Werden in einem Internetportal, bei dem Dritte Beiträge einstellen können, Persönlichkeitsrechtsverletzungen begangen, haben die dadurch verletzten Personen zwar einen Unterlassungsanspruch gegen den Portalbetreiber. Sie haben hingegen keinen Anspruch darauf, vom Betreiber Auskunft über die Person des Verletzers zu erhalten. Dies hat der Bundesgerichtshof am 01.07.2014 entschieden.

Hintergrund

In einem von der Beklagten betriebenen Internetportal können Nutzer unter einem Pseudonym Bewertungen über Ärzte abgeben. Über den Kläger, einen niedergelassenen Arzt, fanden sich mehrfach Behauptungen in diesem Internetportal, die unstreitig nicht der Wahrheit entsprachen, jedoch noch nicht die Grenze zur Strafbarkeit - beispielsweise wegen Beleidigung - überschritten.

Die Portalbetreiberin löschte die Behauptungen auf entsprechende Hinweise des Klägers jeweils. Allerdings erschienen nach Löschung erneut Behauptungen mit nahezu identischem Inhalt. Der Kläger verlangte von der Beklagten daher zunächst, die Verbreitung der entsprechenden Einträge über das Internetportal zu unterlassen (und somit auch eine erneute Eingabe zu verhindern). Zudem verlangte er auch die Herausgabe der Nutzerdaten desjenigen, der die Einträge vorgenommen hatte.

Landgericht und Oberlandesgericht verurteilten die Beklagte den Anträgen des Klägers entsprechend zur Unterlassung und Auskunftserteilung.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) musste in seiner Entscheidung vom 01.07.2014, Az.: VI ZR 345/13, letztendlich nur noch über den Antrag auf Herausgabe der Nutzerdaten entscheiden, nachdem in Bezug auf den Unterlassungsanspruch die Revision nicht zugelassen worden war.

Der BGH wies die Klage auf Auskunftserteilung ab. Die Portalbetreiberin sei ohne Einwilligung des Nutzers und ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht nur nicht verpflichtet, sondern schon gar nicht befugt, die Nutzerdaten herauszugeben. Die durch einen Portalbetreiber für die Bereitstellung von Telemedien erhobenen Daten im Sinne des Telemediengesetzes (TMG) dürften nur dann an Dritte herausgegeben werden, wenn sich eine diesbezügliche Regelung im TMG fände oder sich eine Regelung außerhalb des TMG ausdrücklich auf Telemedien beziehe. Eine solche Vorschrift habe der Gesetzgeber bisher jedoch bewusst nicht geschaffen.

Praxishinweise

Bislang liegen zu dieser Entscheidung noch keine schriftlichen Urteilsgründe vor, sondern lediglich eine Pressemitteilung des BGH. In dieser hat der BGH allerdings - ohne dass es für die vorliegende Entscheidung darauf angekommen wäre - nochmals zu verstehen gegeben, dass der entscheidende Senat den Unterlassungsanspruch für gegeben hält. Zudem hat der BGH angedeutet, dass die Nutzerdaten auf Anordnung der zuständigen Stellen im Einzelfall herausgegeben werden dürfen (und wohl auch müssen), wenn dies für Zwecke der Strafverfolgung erforderlich ist.

Die vorliegende Entscheidung ist insbesondere für all diejenigen von Interesse, die Webseiten mit sogenanntem „User Generated Content" (Beiträge, die von den Nutzern online gestellt werden) anbieten. Für diese besteht jederzeit das Risiko, dass von einem Nutzer rechtsverletzende Inhalte eingestellt werden. Die Entscheidung führt dabei nochmals vor Augen, dass der Webseitenanbieter jedenfalls dann aktiv werden muss, wenn er erstmalig von einem rechtsverletzenden Beitrag Kenntnis erhält. Dabei wird es wohl nicht ausreichend sein, nur den betreffenden Beitrag zu löschen. Der Anbieter muss zudem alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um für die Zukunft gleichartige Rechtsverletzungen zu vermeiden. Wie umfangreich diese Anstrengungen zu sein haben, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Intensität der Rechtsverletzung, ab. Dabei mag es teilweise ausreichend sein, nur den betreffenden Nutzer zu sperren, teilweise wird aber auch die Implementierung von Wortfiltern notwendig sein.

Die Entscheidung zeigt aber auch, dass eine Herausgabe von Nutzerdaten ohne Anordnung der zuständigen Stelle unzulässig ist. Nach der eindeutigen Entscheidung des BGH stellt eine solche Herausgabe einen eigenen Rechtsverstoß dar, der als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 EUR geahndet werden kann.

Für Personen, die in ihren Rechten verletzt werden, bleibt letztlich nur der Trost, dass sie zumindest bei gravierenden Rechtsverletzungen mit strafrechtlicher Relevanz die Möglichkeit haben, gegen den Verletzer selbst vorzugehen. In allen anderen Fällen sind sie aber darauf beschränkt, eine Verbreitung der Rechtsverletzungen durch Inanspruchnahme des Webseitenanbieters zu verhindern.

Dr. Frank Jungfleisch
Sebastian Hoegl, LL.M. (Wellington)

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