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Einheitliche Standards sind im Vertriebsrecht gang und gäbe: Der Hersteller kann damit sicherstellen, dass die von ihm eingesetzten Händler und Dienstleister einheitlich auftreten, dass der Kunde einen Wiedererkennungseffekt hat, dass die Produkte hochwertig präsentiert werden. Dementsprechend nehmen Standards sowohl beim Vertriebs- als auch beim Servicevertrag eine maßgebliche Stellung ein.

Umgekehrt sind damit für den Händler häufig erhebliche Investitionen verbunden, die in der Folge amortisiert werden müssen. Fraglich ist, ob Hersteller berechtigt sind, in den Verträgen Klauseln unterzubringen, aufgrund derer im Rahmen des laufenden Vertrages einseitig Änderungen der Standards angeordnet werden können. Aus Sicht des Händlers besteht das Risiko, dass neue Investitionen erforderlich sind, bevor sich die bisherigen Investitionen überhaupt amortisiert haben. Der Vertrag wird damit zum unkalkulierbaren Risiko, zumal derartige Klauseln vielfach auch noch damit unterlegt werden, dass sich der Hersteller eine außerordentliche Kündigung für den Fall der Nichtumsetzung der neu angeordneten Standards vorbehält.

Es entsteht somit die Frage, ob eine derartige einseitige Abänderung des Vertrages zulässig ist. Das ist indes deutlich in Zweifel zu ziehen: Der Vertrag soll für beide Parteien eine wirtschaftliche verlässliche Grundlage bilden; er soll zugleich dem in aller Regel wirtschaftlich unterlegenen Vertragspartner des Herstellers eine gesicherte Kalkulationsgrundlage anhand geben. Gleichermaßen wie die Rechtsprechung eine einseitige Änderung der Margen als unzulässig ansieht, muss auch eine einseitige Änderung der Standards als unzulässig angesehen werden: Denn damit wird dem Handel die Kalkulationsgrundlage entzogen, die der Vertrag an sich begründen soll. Mehr noch: Der Hersteller schädigt seine Vertragspartner unmittelbar, indem er es dem Handel nicht mehr möglich macht, den bisher in die Standards investierten Betrag zu amortisieren, weil neue Standards umgesetzt und bezahlt werden sollen.

Als Ausweg bleibt für den Hersteller damit nur, die mit einer evtl. Änderung der Standards einhergehenden Investitionen dem Handel in vollem Umfang zu ersetzen - was sein Bestreben auf Änderung der Standards wahrscheinlich deutlich reduzieren wird.

Prof. Dr. Christian F. Genzow

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