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Mit schöner Regelmäßigkeit führen Hersteller Absatzförderungsmaßnahmen durch, mit denen sie für ein bestimmtes Fahrzeug mit Nachlass von der unverbindlichen Preisempfehlung, beim Leasing- oder Finanzierungszinssatz werben - wobei in aller Regel der Handel an diesem Nachlass „beteiligt" wird, sprich: den Nachlass zumindest zu einem Teil selbst dem Kunden geben muss, obwohl diese Aktion gar nicht von ihm gewollt war.

Es lohnt sich daher, einige rechtliche Grundsätze ins Gedächtnis zu rufen:

  • Dem Hersteller steht zwar ein Dispositionsrecht hinsichtlich der Werbung für seine Produkte und der Durchführung von Maßnahmen zur Steigerung des Absatzes für die Fahrzeuge zu. Allerdings hat er auch auf die wirtschaftlichen Belange seiner Vertriebspartner in angemessener Weise Rücksicht zu nehmen, anderenfalls verstößt er gegen die ihm gegenüber seinen Vertriebspartnern bestehende gesteigerte Treue- und Rücksichtnahmepflicht.
  • Ein solcher Verstoß ist allerdings dann nicht gegeben, wenn der Hersteller mit seinen Vertriebspartnern diese Aktion vereinbart hat oder - so jedenfalls die herrschende Auffassung - eine entsprechende Abstimmung mit dem Händlerverband/Händlerbeirat vorgenommen wurde.
  • Ist eine solche Vereinbarung bzw. Zustimmung nicht erfolgt, liegt vielfach ein Verstoß gegen die Treue- und Rücksichtnahmepflicht durch den Hersteller vor, insbesondere, wenn der vom Händler zu leistende Beitrag die Größenordnung von 40 bis 50 % des Gesamtnachlasses erreicht. Hier kommt es allerdings auf den Einzelfall an, jedenfalls ist eine Händlerbeteiligung von 50 % die absolute „Schmerzgrenze"; sie kann aber - je nach Höhe des Nachlasses - auch schon bei einer 20%-igen Händlerbeteiligung liegen.
  • Viele Hersteller versuchen die vorgenannten Grundsätze zu umgehen mit dem Zusatz „bei allen teilnehmenden Händlern". Das mag wettbewerbsrechtlich im Hinblick auf Abmahnvereine ausreichend sein, damit es sich nicht um eine sog. irreführende Werbung handelt, wenn sich nicht alle Händler beteiligt haben. Für eine Freizeichnung vom Verstoß gegen Treue- und Rücksichtnahmepflichten reicht dies indes nicht: Denn wenn eine solche Werbung geschaltet wird, entsteht für sämtliche Mitglieder des Vertriebssystems ein sachlicher Zwang, sich an den Nachlässen zu beteiligen. Kommt ein Kunde zu einem Händler, der den Nachlass aus der Werbung ablehnt, ist der Kunde verärgert und will sicher nichts mehr von diesem Autohaus wissen. Der insoweit von dem Hersteller billigend in Kauf genommene Sachzwang für die Händler greift in die wirtschaftlichen Belange der nicht beteiligten Vertriebspartner in unangemessener Weise ein und ist daher rechtswidrig.

So eindeutig diese Grundsätze sind, so schwierig ist die Umsetzung. Der Hersteller geht davon aus, dass der einzelne Händler es nicht wagen wird, sich dagegen zu wehren. Diese Kalkulation ist - leider - richtig. Es ist deshalb eine wichtige Aufgabe des Händlerverbandes, dafür Sorge zu tragen, dass jedwede Händlerbeteiligung bei Absatzförderungsmaßnahmen des Herstellers mit dem Händlerverband abgestimmt werden und, falls nicht, dagegen dann auch die notwendigen Schritte unternommen werden. Hier kann im Einzelfall noch deutlicher Handlungsbedarf bestehen.

Prof. Dr. F. Christian Genzow

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