Die nicht nur „vorübergehende" Arbeitnehmerüberlassung kann nach einer aktuellen Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 09.01.2013 zu einem Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher führen.

Hintergrund: Mit Wirkung zum 01.12.2011 hatte der Gesetzgeber folgenden neuen Satz in § 1 Abs. 1 AÜG eingefügt: „Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend". Laut Gesetzesbegründung (BT-DRS. 17/4804, S. 8) sollte hiermit klargestellt werden, dass das deutsche Modell der Arbeitnehmerüberlassung der europarechtlichen Vorgabe entspricht, die die Überlassung als vorübergehend definiert. Seit Inkrafttreten der Gesetzesänderung wird in Literatur und Rechtsprechung allerdings darüber diskutiert, was unter einer nur „vorübergehenden" Arbeitnehmerüberlassung zu verstehen ist. Eine genaue gesetzliche Höchstfrist der Überlassung gibt es nicht. Der Gesetzgeber hat hierauf vielmehr bewusst verzichtet. Laut Gesetzesbegründung sei der Begriff „vorübergehend" im Sinne der Leiharbeitsrichtlinie als flexible Zeitkomponente zu verstehen.

Die Entscheidung: Die 15. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg hat nunmehr im Fall eines Krankenhauses entschieden, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung entstehen kann. Im entschiedenen Fall hatte das Krankenhaus als Entleiher Krankenpflegepersonal eingesetzt, das bei einem konzerneigenen Verleihunternehmen beschäftigt wurde. Die Beschäftigung erfolgte auf Dauerarbeitsplätzen, für die kein eigenes Stammpersonal im Krankenhaus vorhanden war. Das konzerneigene Verleihunternehmen besaß eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis (LAG Berlin-Brandenburg, 09.01.2013 - 15 Sa 1635/12). Begründet wird die Entscheidung damit, dass es einen „institutionellen Rechtsmissbrauch" darstelle, wenn das konzerneigene Verleihunternehmen nicht am Markt werbend tätig sei und seine Beauftragung nur dazu diene, Lohnkosten zu senken oder kündigungsschutzrechtliche Wertungen ins Leere laufen zu lassen. Die ausführlichen Entscheidungsgründe liegen derzeit noch nicht vor.

Anders hatte am 16.10.2012 noch die 7. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg entschieden (LAG Berlin-Brandenburg, 16.10.2012 - 7 Sa 1182/12). In einem parallel gelagerten Sachverhalt nahm die 7. Kammer zwar keine Stellung dazu, was unter einer nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung zu verstehen sei. Jedenfalls sei kein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer zustande gekommen, da der Gesetzgeber eine derartige Rechtsfolge nicht vorgesehen habe.

Beide Kammern haben die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Praxishinweis: Angesichts der derzeit offenen und ungeklärten Rechtslage, die sich schon an den beiden entgegengesetzten Entscheidungen desselben Gerichts zeigt, ist die konzerninterne auf Dauer angelegte Arbeitnehmerüberlassung mit Vorsicht zu behandeln, bis eine hoffentlich klärende höchstrichterliche Entscheidung vorliegt. Arbeitgeber sollten hiervon möglichst absehen, um das Risiko eines Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu vermeiden. Arbeitgebern ist zu empfehlen, in einem Vertrag ausdrücklich und begründet zu dokumentieren, dass eine Arbeitnehmerüberlassung gerade nicht auf Dauer angelegt ist, sondern nur „vorübergehend" erfolgen soll.

Die weitere Entwicklung bleibt mit Spannung abzuwarten.

Dr. Stefan Daub, Dr. Tanja Ritter-Taube

Kontakt > mehr