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Der Bundesgerichtshof hat sich am 11.04.2013 (Az.: I ZR 214/11) mit der Frage des Schutzumfangs der bekannten Marke „VOLKSWAGEN" befasst. Es ging konkret um die Frage, ob und inwieweit die Bezeichnungen „Volks-Inspektion", „Volks-Werkstatt" und „Volks-Reifen" die Marke „VOLKSWAGEN" verletzen können. Das hält der BGH nicht für ausgeschlossen.

Eine zum Springer-Verlag gehörende Gesellschaft betreibt unter anderem die Internetpräsenz bild.de. Seit 2002 veranstaltet sie in regelmäßigen Abständen Werbeaktionen, bei denen verschiedene Dienstleistungen mit dem Begriff „Volk" und einen Zusatz beworben werden (etwa „Volks-DSL" im Jahr 2008). Mit dem Kooperationspartner A.T.U., der über ein bundesweites Netz markenunabhängiger Kraftfahrzeugwerkstätten verfügt, startete sie 2009 eine Aktion, bei der Inspektionsleistungen für Kraftfahrzeuge unter der Bezeichnung "Volks-Inspektion" erbracht wurden. Daneben wurden Reifen unter dem Namen "Volks-Reifen" angeboten und A.T.U. als "Volks-Werkstatt" bezeichnet.

Die Klägerin, die Volkswagen AG, ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarke „VOLKSWAGEN". Sie sah in den Bezeichnungen mit dem Bestandteil „VOLKS-„ eine Verletzung ihrer bekannten Marke und nahm die Beklagten auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht verurteilte antragsgemäß, das OLG wies die Klage aber ab. Zwar hat das Berufungsgericht eine „überragende Bekanntheit" bei identischen Waren und Dienstleistungen angenommen, jedoch könne der Verkehr aufgrund des „erheblichen Zeichenabstandes die sich gegenüberstehenden Zeichen auseinanderhalten".

Hiergegen legte die Volkswagen AG Revision ein. Der BGH sah den weiten Schutzbereich bekannter Marken durch das OLG nicht ausreichend berücksichtigt und verwies die Sache zurück. Denn eine Verletzung liege bereits dann vor, wenn „das Publikum aufgrund der Verwendung der Zeichen ‚Volks-Inspektion', ‚Volks-Reifen' und ‚Volks-Werkstatt' durch die Beklagten von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindungen zur Klägerin ausgeht oder wenn diese Zeichenbenutzung die Unterscheidungskraft der bekannten Marke "VOLKSWAGEN" beeinträchtigt." Eine Markenverletzung hält der BGH daher für nicht ausgeschlossen.

Das schriftliche Urteil war zum Redaktionsschluss noch nicht veröffentlich, sodass über die Einzelheiten der Entscheidung bislang nichts bekannt ist. Spannend dürfte vor allem die Frage sein, ob der BGH Hinweise gibt, wie weit der Abstand zu überragend bekannten Marken sein muss, um Verletzungen auszuschließen. Für die Praxis ist dies insbesondere deshalb von Bedeutung, da bekannte, zusammengesetzte Marken mit einem bisher ungeahnten Schutzumfang ausgestattet werden könnten, bis hin zu einer weitgehenden Monopolisierung der einzelnen Bestandteile dieser Zeichen.

Norbert Hebeis

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