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Bei Pfändungen gilt für die Berechnung des pfändbaren Einkommens gemäß § 850 e Nr. 1 Satz 1 ZPO die Nettomethode.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Entscheidung vom 17.04.2013 die für die Praxis wichtige Frage beantwortet, ob bei einer Pfändung die so genannte Bruttomethode oder die so genannte Nettomethode zur Anwendung kommt. Entgegen der herrschenden Meinung ist in Zukunft die so genannte Nettomethode anzuwenden.


Die Pfändung von Vergütungsansprüchen ermöglicht es Gläubigern, auf das Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers zuzugreifen. Der Arbeitgeber darf die Vergütung dann im pfändbaren Umfang nicht mehr an den Arbeitnehmer selbst, sondern nur noch an dessen Gläubiger auszahlen. Zahlt der Arbeitgeber den pfändbaren Betrag gleichwohl an den Arbeitnehmer, hat dies keine Erfüllungswirkung und der Arbeitgeber läuft Gefahr, ein zweites Mal zahlen zu müssen.

Zur Sicherung des Existenzminimums des Arbeitnehmers trotz Pfändung, sieht § 850 c ZPO vor, dass nur ein Teil des Nettoeinkommens pfändbar ist. Zudem sind einzelne Leistungen unpfändbar, die der Gesetzgeber in § 850 a ZPO aufgeführt hat (z. B. die Hälfte der Leistungen für Mehrarbeit, Urlaubsgeld, z. T. auch Weihnachtsgeld etc.); um diese geht es in der neuen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes.

§ 850 e Ziff. 1 ZPO enthält zwar eine Regelung, wie das pfändbare Arbeitseinkommen berechnet werden soll, die Vorschrift ist aber leider nicht eindeutig. Nach der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der herrschenden Meinung waren bislang für die Berechnung von dem Gesamtbruttoeinkommen des Arbeitnehmers zunächst die nach § 850 a ZPO unpfändbaren Bezüge mit ihrem Bruttobetrag und anschließend die auf das Gesamtbruttoeinkommen (d. h. einschließlich der unpfändbaren Bezüge) zu zahlenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abzuziehen (Bruttomethode). Dies führt im Ergebnis dazu, dass die auf den unpfändbaren Teil entfallenen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge doppelt berücksichtigt wurden mit der Folge, dass das pfändbare Einkommen des Arbeitnehmers umso niedriger ausfällt, je höher die unpfändbaren Bezüge i.S.d. § 850 a ZPO sind.

Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr Gelegenheit, sich erstmals mit diesem Problem auseinander zu setzen und entschied, dass entgegen der herrschenden Meinung die so genannte Nettomethode anzuwenden ist. Hiernach sind, insoweit noch deckungsgleich mit der Bruttomethode, in einem ersten Schritt die der Pfändung nach § 850 a ZPO entzogenen Bezüge mit ihrem Bruttobetrag vom Gesamteinkommen abzuziehen. In einem zweiten Schritt werden nunmehr allerdings lediglich die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Abzug gebracht, die auf das restliche, also das ohne die unpfändbaren Bezüge verbleibende Bruttoeinkommen zu zahlen sind, womit sich der Abzugsbetrag verringert und das pfändbare Einkommen erhöht. Dies führt dazu, dass den Arbeitgeber als Drittschuldner nunmehr nach der Nettomethode die Pflicht trifft, eine fiktive Berechnung durchzuführen, was das Bundesarbeitsgericht aber angesichts der heutzutage verfügbaren Hilfsmittel für die Lohnabrechnung für „überschaubar" hält.

Fazit:

Entgegen der bisherigen Handhabung sollte bei Pfändungen in Zukunft die Nettomethode angewandt werden, wenn der Arbeitnehmer auch unpfändbare Bezüge gemäß § 850 a ZPO erhält. Dies führt zwar zu einer Verringerung des Nettobetrages, der an den Arbeitnehmer ausgezahlt wird und auch zu einer damit eventuell einhergehenden größeren Unzufriedenheit des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber läuft ansonsten aber Gefahr, dass er pfändbare Beträge an den Arbeitnehmer auszahlt und der Gläubiger des Arbeitnehmers ihn zur Zahlung dieses Betrages nochmals in Anspruch nehmen kann.

Dr. Stefan Daub

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