Am 13.12.2011 ist das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Kern dieses Gesetzes sind zahlreiche Änderungen der Insolvenzordnung. Die Regelungen zielen vor allem auf einen besseren Schutz der Gläubiger im Insolvenzverfahren. Sie treten am 01.03.2012 in Kraft.

Dies sind die wichtigsten Neuerungen des ESUG im Einzelnen:

Auswahl des Insolvenzverwalters - Einfluss der Gläubiger

Bisher wurde der (vorläufige) Insolvenzverwalter vom Gericht ernannt, ohne dass die Gläubiger einen nennenswerten Einfluss auf die Auswahl der Person gehabt hätten. Dies wird sich nunmehr ändern. Betrifft der Insolvenzantrag ein Unternehmen mit einer bestimmten Mindestgröße, hat das Insolvenzgericht zwingend einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen. Dieser Ausschuss kann Kriterien für die Auswahl des Insolvenzverwalters bestimmen oder sogar einstimmig die Person festlegen. Das Insolvenzgericht ist an die Vorgaben des Gläubigerausschusses gebunden.

Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital - Debt-Equity-Swap

Bisher ließ das deutsche Insolvenzrecht die Rechte der Anteilsinhaber eines insolventen Unternehmens bei einer Sanierung durch Insolvenzplan unberührt. Anders als z.B. im amerikanischen Recht waren Eingriffe in die Beteiligungen nur mit der Zustimmung der Gesellschafter zulässig. Das ESUG sieht nunmehr die Umwandlung von Gläubigerforderungen in Gesellschaftsanteile am insolventen Unternehmen (den sog. Debt-Equity-Swap) im Insolvenzplanverfahren vor.

Die Umwandlung von Forderungen in Gesellschaftsanteile führt zum Wegfall von Verbindlichkeiten. Dadurch kann eine Überschuldung beseitigt und die Zahlungsfähigkeit wiederhergestellt werden. Darin liegt der wesentliche Vorteil für das insolvente Unternehmen. Der Vorteil für die Gläubiger liegt darin, an den künftigen Erträgen des sanierten Unternehmens zu partizipieren. Gegen den Willen der Gläubiger ist eine Zwangsumwandlung nicht möglich.

Inwieweit es tatsächlich im Einzelfall zur Umwandlung von Forderungen in Anteile kommt, hängt vom Abstimmungsverhalten der Verfahrensbeteiligten ab. Im Insolvenzplanverfahren werden nach dem ESUG folgerichtig nicht mehr nur die Gläubiger beteiligt, sondern auch die Anteilsinhaber des insolventen Unternehmens.

Stärkung der Eigenverwaltung

Schon bisher sah die Insolvenzordnung vor, dass ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durch den Schuldner anstelle eines Insolvenzverwalters durchgeführt werden konnte. Die Vorteile liegen darin, dass der Schuldner sein fachliches Know-how unmittelbar anwenden kann und die Kosten des Insolvenzverwalters eingespart werden. Trotzdem hat die Eigenverwaltung in der Realität bislang ein Schattendasein gefristet, da naturgemäß Vorbehalte bestanden, ausgerechnet dem Schuldner die Insolvenzverwaltung zu übertragen, der das Unternehmen zuvor selbst in die Krise geführt hatte.

Nunmehr sollen durch das ESUG die Gläubiger frühzeitig in die Entscheidung über die Eigenverwaltung eingebunden werden. Unterstützt der vorläufige Gläubigerausschuss den Antrag auf Eigenverwaltung, kann sich das Insolvenzgericht nicht ohne weiteres darüber hinwegsetzen. Es entscheiden also die Gläubiger darüber, ob sie es dem Schuldner zutrauen, das Unternehmen - stets unter der Aufsicht eines neutralen Sachverwalters - wieder aus der Krise zu führen.

In diesem Zusammenhang ist schließlich das neue Schutzschirmverfahren zu nennen. Der Schuldner kann es für sich in Anspruch nehmen, wenn die Zahlungsunfähigkeit erst noch droht und nicht schon eingetreten ist. Hat der Schuldner in diesem Fall die Eigenverwaltung beantragt, kann das Insolvenzgericht für die Dauer von maximal drei Monaten alle Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einstellen und dem Schuldner auferlegen, innerhalb dieser Frist einen Insolvenzplan vorzulegen. Mit diesem Schutzschirmverfahren hat der Gesetzgeber ein Instrumentarium für verantwortungsbewusste Schuldner entwickelt, im Einklang mit den Gläubigern frühzeitig die Weichen aus der Krise zu stellen. Ob es sich in der Praxis bewährt, bleibt abzuwarten.

Dr. Matthias Jünemann

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