Aktionären dürfen Einlagen nicht zurückgewährt werden. Ein Verstoß führt nach einem Urteil des OLG München vom 10.05.2012 (Az. 14 U 2175/11) aber nicht zur Nichtigkeit des Geschäfts. Die Aktiengesellschaft hat lediglich einen Rückgewähranspruch aus §62 AktG. Dieser Anspruch verjährt jedoch in 10 Jahren ab dem Empfang der Leistung.

Veräußert eine Aktiengesellschaft Vermögensgegenstände unter Wert an einen Aktionär, kann darin eine Rückzahlung der Einlage an den Aktionär zu sehen sein. Das ist nach §57 AktG verboten. Mit diesem Argument klagte ein Insolvenzverwalter einer AG gegen einen Aktionär auf Rückgewähr von im Jahre 1995 an diesen veräußerten Geschäftsanteilen einer Tochter-GmbH wegen ungerechtfertigter Bereicherung. Er war der Ansicht, dass der Kaufvertrag wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot der Einlagenrückgewähr nichtig sei.

Das OLG München hielt das Geschäft für wirksam und verneinte einen Anspruch aus Bereicherungsrecht. Im Aktiengesetz sei die Rechtsfolge einer verbotenen Einlagenrückgewähr in §62 AktG geregelt. Die Rechtsfolge sei nicht die Nichtigkeit des Geschäfts, sondern lediglich ein Rückgewähranspruch der Gesellschaft aus §62 AktG. Dieser war jedoch inzwischen verjährt.

Das Urteil des OLG München betrifft die sehr umstrittene Rechtsfrage, ob ein Rechtsgeschäft, das gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstößt, nichtig ist. Hintergrund des Meinungsstreits ist eine alte Rechtsprechung des Reichsgerichts, das bei Rückgewähr von Einlagen die zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot für nichtig hielt. Damals war der Rückgewähranspruch jedoch noch nicht im Aktiengesetz eigens geregelt. Das Reichsgericht musste daher den Weg über die Nichtigkeit gehen, um zu einem Rückforderungsanspruch der Gesellschaft zu kommen. Das OLG München hält dies heute zu Recht für obsolet. Der Gesetzgeber hat entschieden, die Rechtsfolgen verbotener Einlagenrückgewähr in § 62 AktG zu regeln. Diese - ausführliche und strenge - Regelung ist abschließend.   

Relevant wird die neue Rechtsprechung v.a. bei der Frage der Verjährung. Der Rückgewähranspruch aus §62 AktG verjährt innerhalb von 10 Jahren nach dem Empfang der Leistung, während die Verjährung bei Bereicherungsansprüchen erst mit Kenntnis vom Nichtigkeitsgrund beginnt. Daher konnten sich insbesondere Insolvenzverwalter auch nach vielen Jahren noch auf die Nichtigkeit berufen. Die Frist von 10 Jahren schafft dem gegenüber klare Verhältnisse und somit Rechtssicherheit. Abzuwarten bleibt, ob sich der Bundesgerichtshof dem Urteil des OLG München anschließt. Weil die Entscheidung grundsätzliche Rechtsfragen betrifft, hat das OLG München die Revision zum BGH zugelassen.

Dr. Stefan Lammel, Dr. Sven Ufe Tjarks

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