Der BGH hat in seinem Urteil vom 17.10.2012 (Az: VIII ZR 226/11) entschieden, dass der Anspruch auf Aus- und Einbaukosten bei Ersatzlieferung gem. § 439 Abs. 1 BGB nicht für Kaufverträge zwischen Unternehmen gilt. Das besagt jedoch keineswegs, dass ein Händler, der von dem Hersteller ein mangelhaftes Teil erworben hat, nunmehr das Risiko der Aus- und Einbaukosten trägt, wenn er vom Verbraucher in Regress genommen wird.

Zur Erinnerung: Im Urteil vom 16.06.2011 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt, dass der Verkäufer verpflichtet ist, entweder selbst den Aus- und Einbau für das mangelhafte Verbrauchsgut vorzunehmen oder die Kosten zu tragen, wenn eben dieses eingebaute Verbrauchsgut (Beispiel: Lichtmaschine) mangelhaft war. In dem vom BGH nunmehr entschiedenen Fall vom 17.10.2012 begehrte ein Unternehmen die für den Aus- und Einbau entstandenen Kosten eines mangelbehafteten Granulats. Die Klägerin, im Sportplatzbau tätig, kaufte das Granulat bei der Beklagten, um damit Kunstrasenplätze herzustellen. Die Beklagte lieferte zwar kostenlos Ersatzgranulat, lehnte es jedoch ab, das mangelhafte Granulat auszubauen und das Ersatzgranulat einzubauen. Der BGH gab der Beklagten mit der Entscheidung vom 16.06.2011 Recht mit der Begründung, dass § 439 Abs. 1 2. Altern. BGB auf den Verbrauchsgüterkaufvertrag beschränkt ist und nicht für Kaufverträge zwischen Unternehmern oder Verbrauchern Geltung habe.

Wie zu hören ist, hat diese Entscheidung bei Automobilherstellern und -importeuren große Freude hervorgerufen, weil man aus dem BGH-Urteil herleiten will, dass der Händler auf den Kosten für Aus- und Einbau sitzen bleibt,  wenn das vom Hersteller gelieferte Teil mangelhaft war.
Aber möglicherweise haben sich die Hersteller und Importeure zu früh gefreut. Denn gem. § 478 Abs. 2 BGB kann der Händler beim Kauf einer neu hergestellten Sache von seinem Lieferanten Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Verhältnis zum Verbraucher nach § 439 Abs. 2 BGB zu tragen hat, wenn der vom Verbraucher geltend gemachte Mangel bereits vorhanden war. Dies besagt: Macht der Verbraucher gegenüber dem Händler, von dem er das Verbrauchsgut (beispielsweise die Lichtmaschine) erworben hat, die Ein- und Ausbaukosten geltend, die er aufgrund der mangelhaften Lichtmaschine aufwenden musste, hat der Händler gegenüber einem Lieferanten (Hersteller oder Importeur) einen Ersatzanspruch in gleicher Höhe. Das gilt nach meiner Auffassung auch dann, wenn der Händler von dem Kunden beauftragt wurde, das nicht erkennbar mangelbehaftete Teil einzubauen: Denn der Kunde wird insoweit von dem Händler die dafür bezahlten Einbaukosten zurückerstattet verlangen. Diese Aufwendungen kann der Händler von dem Lieferanten wegen § 478 Abs. 2 BGB ersetzt verlangen.

Anders - und zum Nachteil des Händlers - wird sich daher die Situation nur dann darstellen, wenn der Händler bei einem eigenen Fahrzeug einen mangelbehafteten Gegenstand einbaut, den er wieder ausbauen muss. In diesem Verhältnis wird er die Aus- und Einbaukosten wegen der Entscheidung vom 17.10.2012 nicht ersetzt verlangen können. Der Ersatzanspruch gem. § 478 Abs. 2 BGB bezieht sich insoweit nur auf die Aufwendungen, die der Verbraucher ihm gegenüber berechtigterweise geltend machen kann.

Folglich wird in den Lieferbedingungen des Herstellers eine sehr präzise Unterscheidung notwendig sein, damit die von den Herstellern und Importeuren verwendeten Ausschlussklauseln nicht von Vornherein unangemessen und wegen § 307 BGB nichtig sind.

Prof. Dr. F. Christian Genzow

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