Die Gesellschafter und die Geschäftsführer einer GmbH, die sich in der Liquidation befindet und bei der das Risiko einer Insolvenz besteht, stehen häufig vor der Frage, ob und ggfs. wie das Geschäft in anderer, insolvenzsicheren Konstellation fortgesetzt werden kann. Eine Möglichkeit besteht darin, Mitarbeiter, Vermögenswerte oder Geschäftschancen der (in der Krise befindlichen) GmbH auf eine andere Gesellschaft zu übertragen. Der BGH hat nun für eine GmbH in Liquidation entschieden, unter welchen Voraussetzungen eine Haftung der Gesellschafter für die Veräußerung von Vermögen der GmbH gegeben ist.

Sachverhalt

Die Gesellschafter-Geschäftsführer der betroffenen GmbH hatten zunächst ihre Liquidation beschlossen. Im Rahmen der Liquidation veräußerten die Gesellschafter-Geschäftsführer die gesamte Geschäftsausstattung zu einem Kaufpreis unterhalb des Buchwertes. Die Gesellschafter gründeten sodann eine weitere Gesellschaft, die diese Geschäftsausstattung gemäß einem - mit der Käuferin geschlossenen - Leasingvertrag nutzte. Diese neue Gesellschaft übernahm auch die Mitarbeiter der GmbH. Einige Zeit später beantragten die Gesellschafter-Geschäftsführer die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der in Liquidation befindlichen GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit. Der klagende Insolvenzverwalter war der Auffassung, dass der Verkauf der Geschäftsausstattung unter Buchwert einen existenzvernichtenden Eingriff in das Vermögen der GmbH darstellt und machte Schadensersatz gegen die Gesellschafter-Geschäftsführer geltend.

Entscheidung des BGH vom 23.04.2012 - II ZR 252/10

Einen Anspruch wegen existenzvernichtenden Eingriffs (§ 826 BGB) verneinte der BGH aus zwei tatsächlichen Gründen: Erstens hatte der Kläger nicht vorgetragen, dass die Liquidation im Zeitpunkt des Verkaufs der Geschäftsausstattung wirtschaftlich aussichtlos und daher die Insolvenz absehbar gewesen sei. Zweitens genügte der Vortrag, die Geschäftsausstattung sei für einen Kaufpreis unterhalb des Buchwerts verkauft worden, nicht. Stattdessen sei allein maßgeblich, ob der Verkauf „unter Wert" (d.h. unter dem im Zeitpunkt des Verkaufs erzielbaren Marktpreis) erfolgt sei.

Fazit

Obwohl der BGH den Schadenersatzanspruch nach § 826 BGB verneint hat, besteht kein Grund zur „Entwarnung" für Gesellschafter-Geschäftsführer: er stellte nämlich auch klar, dass die Verlagerung des Geschäftsbetriebs auf eine von den gleichen Gesellschaftern gegründete Gesellschaft den Schluss auf eine „Selbstbedienung" im Sinne der Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriff durchaus nahelegt. Im Ergebnis hatte der klagende Insolvenzverwalter hierzu schlicht nicht ausreichend vorgetragen - dies wird der Insolvenzverwalter jetzt möglicherweise nachholen können, da der BGH die Sache zur Entscheidung zurück verwiesen hat.

Dr. Hendrik Thies, Iris Jachmann

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