Das AGG gilt nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Geschäftsführer einer GmbH: der Geschäftsführer, der nach Ablauf seines Vertrages aufgrund seines Alters nicht weiterbeschäftigt wird, fällt in den Schutzbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) (BGH, Urteil vom 23.04.2012 - II ZR 163/10, noch nicht veröffentlicht).
Der Kläger war medizinischer Geschäftsführer der beklagten Kliniken, einer GmbH. Dort war der Kläger bis zum Ablauf seiner Amtszeit am 31.08.2009 beschäftigt. Der zuständige Aufsichtsrat beschloss, das Anstellungsverhältnis mit dem im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung 62 Jahre alten Kläger nicht zu verlängern. Die Stelle wurde stattdessen mit einem 41-jährigen Bewerber besetzt.
Gegenüber der Presse erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende, der Kläger sei wegen seines Alters nicht weiter beschäftigt worden, man habe wegen des „Umbruchs auf dem Gesundheitsmarkt" einen Bewerber gewählt, der das Unternehmen „langfristig in den Wind stellen" könne.
Der Kläger vertrat die Auffassung, der Neuabschluss des Anstellungsvertrages sowie die weitere Bestellung als Geschäftsführer sei ihm nur aus Altersgründen versagt worden. Dies verstoße gegen das Altersdiskriminierungsverbot des AGG. Er forderte Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens. Das Landgericht wies die Klage ab, das Oberlandesgericht gab der Klage teilweise statt, sprach dem Kläger aber nur 36.600 Euro der beantragten 110.000 Euro für den immateriellen Schaden zu. Beide Parteien legten gegen dieses Urteil Revision ein.
Der BGH bestätigte die Entscheidung des OLG in der Sache, verwies sie jedoch wegen Fehlern bei der Schadensermittlung an das Berufungsgericht zurück. Der BGH stützte seine Entscheidung zunächst auf § 6 Abs. 3 AGG, wonach das Gesetz auf Geschäftsführer Anwendung findet, soweit es um den Zugang zu dem Geschäftsführeramt und um den beruflichen Aufstieg geht. In dem Beschluss des Aufsichtsrats, den Kläger nicht weiter als Geschäftsführer zu beschäftigen sah das Gericht eine Entscheidung über den Zugang zu dem Amt. Weiter wendete der BGH die Beweislastregel des § 22 AGG an. Danach muss der Bewerber nur Indizien beweisen, aus denen sich eine Diskriminierung ergibt. Das Unternehmen muss dann darlegen und beweisen, dass der Bewerber nicht wegen eines Diskriminierungsgrundes des AGG benachteiligt worden ist. Die Äußerung des Aufsichtsratsvorsitzenden gegenüber der Presse sah der BGH als ausreichend für die Beweislastumkehr nach § 22 AGG an. Die Beklagte habe den Gegenbeweis nicht geführt. Der BGH hat das Urteil aufgrund von Fehlern bei der Feststellung des Schadens teilweise aufgehoben und die Sache insoweit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Dr. Christoph Fingerle, Stephanie Krüger
22. Mai 2012