Die Idee zur Schaffung eines EU-Patentes besteht schon seit über 40 Jahren, allein die Umsetzung scheiterte an unterschiedlichen Vorstellungen der Mitgliedsstaaten über die konkrete Ausgestaltung des einheitlichen Patentschutzes. Bereits in den 1970er Jahren unterzeichneten die Mitgliedsstaaten der EG ein Abkommen über ein Gemeinschaftspatent. Es wurde jedoch ebenso wenig umgesetzt wie ein weiteres Abkommen aus dem Jahr 1989. Streitpunkte waren im Wesentlichen die Sprachenregelung und der Sitz des zuständigen Patentamtes.

Die einzige Erleichterung, Patentschutz für sämtliche europäischen Staaten, auch außerhalb der EU, zu erlangen, bietet bislang das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) aus dem Jahr 1973. Dieses ermöglicht zwar eine einheitliche Patentanmeldung beim Europäischen Patentamt in München. Nach der Anmeldung zerfällt das Patent jedoch in ein Bündel nationaler Patente, die voneinander unabhängig und unterschiedlichen rechtlichen Schicksalen unterworfen sind. Dies ist für den Anmelder mit erheblicher Rechtsunsicherheit und hohen Kosten, insbesondere für Übersetzungen und die erforderliche anwaltliche Vertretung in den verschiedenen Staaten, verbunden.

Nachdem in der Vergangenheit bereits unter deutlich weniger Mitgliedsstaaten keine Einigung über einen einheitlichen Patentschutz erzielt werden konnte, gelangte die Kommission zu der Erkenntnis, dass eine verbindliche Einführung eines einheitlichen Patentschutzes für sämtliche Mitgliedsstaaten von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist. Deshalb entstand die Idee, ein gemeinsames Patentschutzsystem zu entwickeln, aber nicht verpflichtend für sämtliche EU-Mitgliedsstaaten zu beschließen, sondern es den Mitgliedsstaaten freizustellen, ob sie sich dem Patentschutzsystem anschließen möchten oder nicht. Darin liegt die entscheidende Neuerung zu den vorherigen Vorschlägen. Sie soll ermöglichen, überhaupt einen Konsens zu finden, wenn auch nicht unter sämtlichen Mitgliedsstaaten.

Auf dieser Grundlage legten die EU-Kommission und der Europäische Rat nun Vorschläge für zwei Verordnungen sowie einen Staatsvertrag vor, die die Einführung eines einheitlichen Patentschutzes in allen teilnehmenden Mitgliedsstaaten ermöglichen sollen. Eine der beiden Verordnungen befasst sich mit der Ausgestaltung des Schutzumfanges und der einheitlichen Wirkung des EU-Patents in den teilnehmenden Staaten. Demnach kann das EU-Patent nur im Hinblick auf alle Mitgliedsstaaten beschränkt, lizenziert, übertragen oder widerrufen werden bzw. erlöschen. Die geschützten Benutzungshandlungen und die Beschränkungen des Schutzes des EU-Patents werden einheitlich für sämtliche teilnehmenden Mitgliedsstaaten festgelegt. Voraussetzung dafür ist, dass das Patent für sämtliche teilnehmenden Staaten mit identischem Schutzbereich erteilt wird. Ist dies nicht möglich oder vom Patentinhaber nicht gewollt, bleibt ihm weiterhin die Möglichkeit, anstelle des EU-Patents eines oder mehrere nationale Patente zu erwerben. Eine Abschaffung der nationalen Patente geht mit der Einführung des geplanten EU-Patents, anders als in früheren Vorschlägen angedacht, nicht einher. Die Jahresgebühr für das EU-Patent soll einheitlich erhoben werden. Das Europäische Patentamt in München soll für die Erteilung des Patents zuständig sein.

Gegenstand des zweiten Verordnungsvorschlages ist die Sprachenregelung des EU-Patentes. Bislang ist zur Erlangung von Patentschutz die Übersetzung des Patentes in die Sprachen der Länder erforderlich, für die Patentschutz begehrt wird. Nach dem Vorschlag soll es nun ausreichen, wenn die Patentschrift auf Englisch und in einer weiteren Amtssprache der EU vorgelegt wird. Lediglich im Falle eines Rechtsstreits müssen weitere Übersetzungen angefertigt werden.

Der Staatsvertrag soll die Einführung einer gemeinsamen Gerichtsbarkeit ermöglichen, die Streitigkeiten über die Verletzung und die Rechtsgültigkeit der EU-Patente sowie über Beschwerden gegen die Entscheidungen des Amtes entscheidet. Der Vorschlag sieht die Errichtung einer Kanzlei sowie eines Gerichts erster Instanz und eines Berufungsgerichts vor. Das Gericht erster Instanz soll aus einer Zentralkammer sowie örtlichen und regionalen Kammern in den Vertragsstaaten bestehen. Die Einführung einer gemeinsamen Patentgerichtsbarkeit soll eine einheitliche Auslegung der Patente und der Vorschriften zum EU-Patent gewährleisten, so dass die einheitliche Wirkung der Patente nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der praktischen Anwendung existiert.

Am 11. Januar 2012 legte der Berichterstatter für den Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments seinen Bericht über den Verordnungsvorschlag zur Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes vor. Auch wenn das europäische Parlament die Vorschläge begrüßt und sie einen wichtigen Schritt zur Einführung eines einheitlichen Patentschutzes in der EU darstellen, ist es bis zur Umsetzung des EU-Patentes noch ein weiter und durchaus steiniger Weg. Italien und Spanien haben bereits Widerstand angekündigt und Klage vor dem EuGH gegen die Einführung einheitlichen EU-Patentschutzes eingereicht. Die weitere Entwicklung bleibt spannend.

Dr. Wolfgang Schmid und Dr. Anne Bongers

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