Arbeitsvertragliche Stichtagsklauseln - der Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation kann vom ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt abhängig gemacht werden (BAG, 18.01.2012 - 10 AZR 667/10).

Hintergrund

In dem vom BAG entschiedenen Fall machte die Klägerin die Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2009 geltend. Die Gratifikation war arbeitsvertraglich vereinbart und sollte mit der Vergütung für den Monat November 2009 zur Auszahlung kommen. Der Arbeitsvertrag enthielt zudem folgende Klausel: „Der Anspruch auf Gratifikation ist ausgeschlossen, wenn sich das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung im gekündigten Zustand befindet." Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 23.11.2009 zum 31.12.2009 und verweigerte die Auszahlung der Gratifikation. Zu Recht, wie das BAG nunmehr - anders als die Vorinstanzen - entschieden hat.

Die Entscheidung

Laut Pressemitteilung des BAG (PM Nr. 4/2010) ist die Frage, ob die Zahlung einer Sonderzuwendung unter die Bedingung des ungekündigten Bestehens des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt gestellt werden kann, abhängig von dem mit der Zuwendung verfolgten Zweck (die ausführlichen Urteilsgründe des BAG liegen noch nicht vor). Knüpft die Zahlung wie im vorliegenden Fall nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses an, ist eine entsprechende Klausel mit der gesetzlichen Grundkonzeption des § 611 BGB zu vereinbaren und hält einer Inhaltskontrolle stand. Die Vorinstanzen hatten noch entschieden, dass die arbeitsvertragliche Klausel unwirksam sei, da sie nicht danach differenziere, ob der Grund für die Kündigung im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers liege; eine derartige Klausel benachteilige den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Diesem Ansatz hat das BAG im entschiedenen Fall einer Absage erteilt.

Praxishinweis

Für die Arbeitsvertragsgestaltung von Unternehmen bringt die Entscheidung des BAG ein hohes Maß an Rechtssicherheit. Zwar sind zunächst noch die ausführlichen Urteilsgründe des BAG mit den konkreten Zulässigkeitsvoraussetzungen für derartige Stichtagsklauseln abzuwarten. Fest steht aber, dass es grundsätzlich zulässig sein kann, den Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation vom ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt abhängig zu machen, ohne danach zu unterscheiden, von welcher Seite die Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Das BAG ist damit der zunehmenden Tendenz in der Instanzrechtsprechung und Literatur entgegengetreten, derartige Klauseln generell nur noch dann als zulässig zu erachten, wenn sie nach dem Beendigungsgrund für das Arbeitsverhältnis differenzieren.

Dr. Tanja Ritter-Taube

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