Haben Unternehmen bei grenzüberschreitenden Lieferverträgen keinen Gerichtsstand vereinbart, können nach einer neuen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 09.06.2011 die vereinbarten Incoterms maßgeblich dafür sein, wo im Streitfall geklagt werden muss.

Denn in diesen Fällen gilt - jedenfalls nach europäischem Recht - der Lieferort als gemeinsamer Gerichtsstand der Vertragspartner. Denn die Incoterms der ICC (seit 01.01.2011: Incoterms 2010) regeln nicht nur Kosten- und Gefahrtragung, sondern auch den Ort der Lieferung.

Deshalb sieht der EuGH in der Vereinbarung von Incoterms gleichzeitig auch eine Vereinbarung über den für den Gerichtsstand maßgeblichen Lieferort. Die sog. E-Klauseln (z.B. EXW/ex works/ab Werk), F-Klauseln (z.B. FCA/free carrier/frei Frachtführer) und C-Klauseln (z.B. CPT/carriage paid to/frachtfrei bis) führen in der Regel zu einem Gerichtsstand beim Verkäufer, die D-Klauseln (z.B. DAP/delivered at place/geliefert benannter Bestimmungsort) zu einem Gerichtsstand beim Käufer. Wer das nicht will, muss bei grenzüberschreitenden Sachverhalten eine separate Vereinbarung über den Gerichtsstand treffen. Die bloße Versendung von AGB im Rahmen der Auftragsbestätigung genügt dafür nicht. Der Vertragspartner muss die AGB zumindest schriftlich anerkennen. Aber Vorsicht: ein Gerichtsstand in Deutschland nützt dem deutschen Unternehmer nur, wenn das deutsche Urteil am Sitz des Vertragspartners vollstreckbar ist. Das ist in der EU der Fall, nicht aber etwa in den USA oder in Russland. Im Geschäftsverkehr mit diesen Ländern empfiehlt sich daher eine Schiedsklausel.

Dr. Hendrik Thies, Dr. Sven Tjarks

 

Kontakt > mehr